Melbourne (rad-net) - Bei der am kommenden Mittwoch
beginnenden Bahn-WM startet Stefan Nimke mit Medaillenchancen. der
1000-Meter-Weltmeister von 2003 hat in einem Interview angekündigt seinen im
vergangenen Sommer in Stuttgart gewonnenen Titel verteidigen zu wollen.
Herr Nimke, Sie reisen als Titelverteidiger im
1000-Meter-Zeitfahren nach Melbourne. Welche Bedeutung hat die WM für Sie im
Olympiajahr?
Stefan Nimke: „Eine ganz große, schließlich muss ich hier vorne
dabei sein, um mich für Olympia qualifizieren, um dann dort Gold zu gewinnen.
Olympia-Zweiter war ich ja schon.“
Ist die WM bloß Durchgangsstation auf dem Weg nach
Athen?
„Nein, ich fahre nach Australien, um den WM-Titel zu verteidigen,
aber ich weiß auch, wie schwer das ist – zumal in einer Disziplin wie dem
1000-Meter-Zeitfahren, wo du dir keinen Fehler leisten darfst. Außerdem ist
dieser Wettbewerb immer für eine Überraschung gut. Neben den Favoriten wie
Shane Kelly oder Arnaud Tournat kann immer auch einer nach vorne fahren, der vor
der WM noch gar nicht so bekannt ist.“
Wie ist Ihre Vorbereitung auf die WM gelaufen?
„Nach Plan. Ich hatte keinen Ausfall und bin dementsprechend gut in
Form. Einigen kleinen Straßenrennen im April folgte die spezielle Vorbereitung
in Cottbus und den letzten Schliff hole ich mir in Australien.“
Sie waren schon öfter in Australien, haben dort vor
vier Jahren in Sydney Olympia-Silber gewonnen. Haben Sie von dem riesigen Land
schon mehr gesehen als Radrennbahnen und Trainingsstrecken?
„Ein bisschen mehr schon, aber richtig Urlaub gemacht habe ich hier
noch nie. Nach den Wettkämpfen will ich meistens schnell heim zu meiner
Familie. Und wenn ich mal eine größere Reise durch Australien machen sollte,
dann mit der Familie.“
Die vor kurzem größer geworden ist…
„Ja, am 4. Mai ist unsere zweite Tochter Luise zur Welt gekommen.
Jetzt hat die 22 Monate alte Charlotte ein Schwesterchen.“
Und Sie stehen nachts auf, wenn die Kleine schreit?
„Wenn ich zu Hause bin, teilen sich meine Lebensgefährtin und ich
die familiären Pflichten. Wenn ich unterwegs bin, erledigt sie das alleine.
Unser Familienleben läuft sehr rund.“
Fühlen Sie sich als Radsport-Star?
„Nee, gar nicht. Ich bin nicht der Typ, der abhebt und auf andere
herabschaut. Ich bin genauso bodenständig geblieben, wie ich es vor dem
WM-Titel war.“
Verdient man als Bahn-Weltmeister ähnlich viel Geld
wie die Straßen-Profis, die in den GSI-Teams für die millionenschweren
Kapitäne fahren?
„Ich denke, in den GSI-Teams verdient man mehr, aber ich komme gut
über die Runden – mit der Unterstützung von Sporthilfe, Bundeswehr, meinem
XXL-Erdgas-Team und einigen kleineren Sponsoren.“
Hat sich der WM-Titel von Stuttgart finanziell
ausgewirkt?
„Schon. 2002 war ja durch meine Rückenverletzung ein recht
schwieriges Jahr, auch wenn meine Sponsoren mich weiter unterstützt haben, als
die Erfolge ausblieben.“
Können Sie jemandem, der noch nie Radrennen
gefahren ist, beschreiben, wie es sich anfühlt, einen Kilometer auf der Bahn in
Höchstgeschwindigkeit zu fahren?
„Das ist ungefähr so, als würde man mit vollem Tempo losrennen, weiter
laufen, bis man nicht mehr kann, und sich dann noch mal 200 Meter weiter
kämpfen. Viele vergleichen das 1000-Meter-Zeitfahren auch mit einem
400-Meter-Lauf, aber ich finde, es ist noch härter, weil der Kampf Mann gegen
Mann fehlt, und man alleine gegen die Uhr fahren muss.“
Wie schaffen Sie es, dass Ihr Kopf die Beine immer
weiter antreibt? Auch wenn die schon nach 500 Metern melden: Es geht eigentlich
nichts mehr.
„Der Kopf will immer weiter, das ist eigentlich nicht das Problem. Viel
schwieriger ist es, sich vom Start aus dem Stand bis ins Ziel nicht den
kleinsten Fehler zu leisten. Um das hinzubekommen, arbeite ich seit der
Vorbereitung auf die WM von Stuttgart mit einem Sportpsychologen zusammen.“
Was fasziniert Sie am Kilometer auf der Bahn am
meisten?
„Die Geschwindigkeit. Dass ich mehr als eine Minute lang aus
eigener Kraft mit zirka 60 Stundenkilometern Rad fahren kann. Und das Erlebnis,
die absoluten Grenzen der eigenen körperlichen Leistungsfähigkeit zu
erreichen.“