Berlin (dpa) - Danilo Hondo fährt noch zweigleisig: In erster Linie ist er als verlässlicher «Chauffeur» für Alessandro Petacchi in hektischen Schlusssprints ein anerkannter Radprofi und steht vor seiner vierten Tour de France. Er versucht sich aber auch als Teamchef in spe.
Seit Monaten rührt der in Italien Beschäftigte die Werbetrommel für eine zukünftige deutsche Elite-Mannschaft und führt nach eigenen Worten intensive Gespräche «mit Vertretern der Wirtschaft und der Sportpolitik». Das große Ziel des wortgewaltigen 37-Jährigen, der idyllisch am Luganer See wohnt: Ein einheimisches Team, dem er auf die Beine helfen will, soll den deutschen Radsport wieder in der Eliteliga vertreten. Der diesjährige Tiefpunkt bei der Tour - zum ersten Mal seit 1992 ist keine deutsche Mannschaft am Start - soll bald überwunden sein.
«Ich habe bei Lampre zwar noch einen Vertrag bis 2012, und es macht mir auch noch Spaß, zu fahren. Aber wenn sich die konkrete Möglichkeit ergäbe, ein Team zu bilden, werde ich die Chance nutzen», sagte Hondo der Nachrichtenagentur dpa. Der gebürtige Gubener, der mit seinem Interesse für Neuheiten auf dem Bekleidungsmarkt sicher auch als Mode-Berater durchgehen würde, ist überzeugt: «Es könnte schon bald wieder ein deutsches Team in der ersten Liga geben.»
Nicht zuletzt wegen der besonders in deutschen Medien kritischen Betrachtung des Doping-Themas streckte Milram als letztes hiesiges ProTour-Team nach der vergangenen Saison die Waffen. Die etwas großspurigen Ankündigungen des NetApp-Teams im Vorjahr vor dem Tourstart in Rotterdam, 2012 in die WorldTour-Liga aufrücken zu wollen, wurden gerade relativiert und vorerst auf 2013 verschoben.
Hondos Doping-Vergangenheit ist nach eigenem Empfinden nicht hinderlich bei den Verhandlungen mit potenziellen Partnern. «Ich bin mit meinem Fall immer offen umgegangen und habe meine Strafe abgesessen», sagte Hondo, der nach einem Justiz-Marathon von Juni 2005 bis Januar 2008 mit einigen Monaten Unterbrechung gesperrt war, nachdem dem damaligen Gerolsteiner-Profi geringe Spuren des Aufputschmittels Carphedon nachgewiesen worden waren.
«Keiner meiner Gesprächspartner hat gesagt, der Radsport biete keine lohnenswerte Plattform - im Gegenteil», meinte Hondo. Er weiß aber auch, dass zwischen dem Bekunden von Interesse und der Gründung eines Topteams, für das im Jahr etwa zehn Millionen Euro zu veranschlagen sein dürften, ein großer Schritt liegt.
Bei «Rund um Köln» fungierte Hondo auf der Straße bereits als Kopf eines deutschen Nationalteams. Als zukünftiger Chef oder Manager einer Markenmannschaft der ersten Kategorie träumt der Lausitzer von der Zusammenführung der in internationalen Teams verstreuten einheimischen Topfahrer. Er will der deutschen Elite um Tony Martin, André Greipel, Linus Gerdemann, Fabian Wegmann, Gerald Ciolek, John Degenkolb und Markus Kittel einen «Heimathafen» bieten.