Frankfurt/M. (rad-net)
Herr Maute, können Sie den von Ihnen erfundenen Maute-Sprung mit drei Sätzen
erklären?
Dieter Maute: „Das ist nicht schwer. Sie stellen sich auf den Sattel, fahren
frei und unterlassen sämtliche Lenkbewegungen. Dann drücken Sie sich in einem federnden Absprung nach vorne ab und landen mit den Füßen frei stehend
auf dem Lenker.“
Das waren sogar nur zwei Sätze. Ihr Sprung ist einfach zu erklären, aber
extrem schwer zu springen, oder?
„Der Maute-Sprung ist nicht das schwierigste Element im Kunstradfahren,
unterscheidet sich aber von anderen Sprüngen dadurch, dass er im Wettkampf mit hohem Risiko behaftet ist und dass es lange braucht, bis man ihn
beherrscht. Er ist zwar für die Weltspitze bei Frauen und Männern ein Muss, aber wird noch nicht von so vielen Athleten gefahren. Er ist oft das
Zünglein an der Waage, wenn der Fahrer dabei stürzt. Der fünffache Drehsprung aber ist von der Bewegung her noch komplizierter. Er ist das
Schwierigste beim Kunstradfahren.“
Vor einem Jahr hat der BDR bei der Hallen-WM vier Mal Gold, drei Mal Silber
und ein Mal Bronze gewonnen. Ist das Ergebnis wiederholbar?
„Jeder WM-Starter soll eine Medaille holen. Das ist ein realistisches Ziel.
Unser Optimalziel ist aber Gold und Silber in jeder Disziplin. Ob wir das erreichen können, ist schwer zu prognostizieren. Vor allem im
Einer-Kunstfahren der Frauen ist die Konkurrenz mit Titelverteidigerin Martina Stepankova sehr stark.“
Was ist die Ursache für die deutsche Dominanz?
„Es ist eigentlich keine deutsche, sondern eine schwäbisch-bayerische
Vorherrschaft. Dort kommen immer wieder neue, gute Athleten nach. Und dort sind die Vereinstrainer so gut ausgebildet, dass sie methodisch richtig
vorgehen. Sie werden bei den Lehrgängen eingebunden, um immer auf dem neuesten Stand zu sein. Als Bundestrainer will ich dafür sorgen, dass dieses
System auch in den anderen Bundesländern funktioniert.“
Wie wollen Sie dabei vorgehen?
„Wir müssen die Landestrainer so ausbilden und unterstützen, dass sie in
ihren Bereichen Strukturen aufbauen können, in denen sich der Kunstradsport entwickeln kann.“
Wie findet der Kunstradsport Nachwuchs?
„In Württemberg beispielsweise gibt es viele Kooperationen mit Schulen. Die
Kinder können in den ersten Klassen Kunstfahren ausprobieren.“
Wie kommt das an bei den Kindern?
„Sehr gut. Viele bleiben hängen und schließen sich den Vereinen an, die vor
allem in den ländlichen Regionen eine sehr lange Tradition haben. Und wenn ein Verein erfolgreich ist, hat er auch Zulauf von Kindern.“
Der könnte noch größer sein, wenn Kunstradsport in den Medien öfter ein
Thema wäre.
„Das ist auch ein Ziel von mir. Wir müssen in Sachen Öffentlichkeitsarbeit
raus aus unserer Lethargie und unserem geringen Selbstwertgefühl. Kunstradsport kann sich mit allen anderen Sportarten messen. Wir müssen und
können mit mehr Selbstvertrauen auf die Medien zugehen. Es würde beispielsweise Sinn machen, mit der Unterstützung von Sponsoren selbst
Fernsehbilder von einer WM zu produzieren. Die könnte man dann den Sendern anbieten.“
Sind Sie nervös vor Ihrer ersten WM als Bundestrainer?
„Ja. Das gehört dazu, wenn man den Sport ernst nimmt. Wenn das mal nicht der
Fall wäre, könnte man nicht mehr hundertprozentig bei der Sache sein.“
Nehmen Sie Ratschläge Ihres Vaters und Vorgängers Manfred Maute an?
„Ich wäre dumm, wenn ich nicht den Mann um Rat fragen würde, der auf der
Welt am meisten Wissen in Sachen Kunstradsport in einer Person vereinigt. Ob aber meine Entscheidung mit seinem Ratschlag übereinstimmt, ist etwas
anderes.“
Gibt es dabei auch schon mal Differenzen und heiße Diskussionen?
„Klar. Aber das wichtigste ist, dass man sich zuhört. Und meistens stimmen
wir in unseren Einschätzungen überein.“
Haben sie zu Hause auch andere Gesprächsthemen als Kunstradsport?
„Mein Vater und ich leben für diesen Sport, und deshalb reden wir auch sehr
viel darüber. Aber ich genieße es auch, einmal nur für meine Frau und meinen fünfjährigen Sohn da zu sein, die nichts mit dem Kunstradsport zu tun
haben - außer, dass ich ihr Vater und Mann bin.“
WM-Infos mit Aufgebot des BDR weiteren Berichten, Portraits und Ergebnissen ...
Text: DSV