Paris (rad-net) - Im Rahmen der weltweiten Massenproteste gegen Rassismus, die dem durch Polizeigewalt herbeigeführten Tod des dunkelhäutigen US-Bürgers, George Floyd, folgen, hat sich der französische Bahn-Sprinter Grégory Baugé zu Rassismus im professionellen Radsport geäußert. Der neunfache Weltmeister berichtete in einem Interview mit «Cyclism'actu», dass dunkelhäutige Fahrer auch an der Spitze des Radsports täglich mit rassistischer Diskriminierung umgehen müssen.
Die Massenproteste in den USA begannen vergangene Woche, nachdem George Floyd an den Folgen eines gewalttätigen Polizeieinsatzes gegen ihn starb. Der Polizist, Derek Chauvin, war am vergangenen Mittwoch wegen Mord angeklagt worden, nachdem er bei seinem Einsatz über acht Minuten auf dem Hals von Floyd kniete, woran der US-amerikanische Bürger anschließend starb.
«Es ist nun über eine Woche her, dass George Floyd gestorben ist. Es ist einer mehr, einer zu viel und ich habe nicht das Gefühl, dass sich etwas ändert», berichtete Baugé, der selbst auch mit Rassismus zu kämpfen gehabt habe. «Man weiß, dass Rassismus in allen Gesellschaftsschichten besteht und auch im Radsport. Das sollte einfach nicht normal sein.»
Zwar habe Baugé im Profibereich des Radfahrens kaum rassistische Diskriminierung erfahren, doch insgesamt sei sie ein täglicher Begleiter eines dunkelhäutigen Bürgers: «Rassismus war immer ein Teil unseres Lebens, schon immer. Wir haben gelernt, damit zu leben, auch wenn das natürlich bedauernswert ist. Es ist einfach unglückselig.»
Gegensätzlich zu seinen persönlichen Erfahrungen im Profisport, erzählte der 35-Jährige von seinem Landsmann Kévin Réza, der zu Beginn seiner Karriere mit rassistischen Bemerkungen konfrontiert worden sei. «Er wurde damals nicht richtig unterstützt», weiß Baugé.
Nachdem Réza 2011 in die Profiklasse aufgestiegen war und 2014 seine erste Tour de France bestritten hatte, war er vom Orica-GreenEdge-Fahrer Michael Albasini rassistisch beschuldigt worden, nicht richtig in der Ausreißergruppe gearbeitet zu haben. Albasini hatte im Nachhinein abgestritten, sich rassistisch geäußert zu haben und die Situation als Missverständnis der Sprachbarriere dargestellt. 2017 rief Sebastian Reichenbach, Teamkollege von Réza, den italienischen Fahrer Gianni Moscon via Twitter zurecht, nachdem dieser sich ebenfalls rassistisch über den französischen Fahrer geäußert hatte.
Für Baugé sind diese Vorfälle keine Überraschung, auch wenn die Athleten üblicherweise die Anschuldigungen stillschweigend hinnähmen aus Angst nicht genügend Unterstützung zu erhalten: «Wir leiden und wir sind allein. Wir sehen es im Fußball. Sie sagen immer wieder, dass sie gegen Rassismus seien, aber sie tun nichts dagegen. Die Behörden sehen darin kein Problem und solange es kein Geld einbringt, wird sich auch nichts ändern.»
Die Gewalt, die auf die Proteste in den Staaten gefolgt ist, kann Baugé verstehen: «Es sollte nicht existieren, aber ich kann es verstehen, denn da steht viel Frustration hinter. Es fühlt sich so an, als ob niemand unseren Fall geltend machen könnte.»