Montecassino (dpa) - Der 97. Giro d'Italia startet am Samstag zur Fahrt in die Vergangenheit. Die achte Etappe von Foligno nach Montecopiolo führt über den Cippo Carpegna, den legendären Trainingsberg des vor zehn Jahren gestorbenen Marco Pantani.
An diesem knapp sechs Kilometer langen Anstieg mit 623 Höhenmetern und einer durchschnittlichen Steigung von 10,7 Prozent machte sich der Double-Sieger von Tour und Giro 1998 fit für seine großen Auftritte. «Mir reicht der Carpegna», erklärte Pantani einst trocken, warum er so ungern zur Erkundung wichtiger Rundfahrtetappen in die Dolomiten oder Alpen fuhr und lieber in der Emilia Romagna trainierte.
Warum dieser Berg reichte, wird vor allem auf dem ersten Kilometer mit Rampen von bis zu 20 Prozent Steigung deutlich. Pantani, post mortem auch als Kunde des Dopingarztes Eufemiano Fuentes überführt, bewältigte den Aufstieg in seinen besten Zeiten in etwa 15 Minuten.
Der Abstecher ist Teil eines Pantani-Gedächtnis-Parcours', den die Organisatoren anlässlich des zehnten Todestages des «il Pirata» ins Programm genommen haben. In der nächsten Woche werden noch Erfolgs-Arenen des glatzköpfigen Kletterers wie etwa Oropa (Solosieg beim Giro 1999) und Montecampione (Sieg beim Giro 1998) angefahren.
Weil aktuell kein italienischer Profi Aussichten auf einen Gesamtsieg beim Giro hat, bietet dies den einheimischen Fans Gelegenheit für mit Melancholie durchsetzte Feiern. Bereits der Auftakt in Irland zollte Pantani Tribut. Die Tour de France 1998, die er gewann, startete in Dublin. Sie ging wegen der Spritzenfunde nach der Rückkehr auf den Kontinent allerdings als Tour des Festina-Skandals in die Annalen ein.
Für viele Italiener ist Pantani trotz seiner Dopingvergangenheit noch immer ein Held. Der Bürgermeister von Carpegna hat extra den Sessellift in Betrieb nehmen lassen, der die Zuschauer vom Trainingsberg zum nahe gelegenen Ziel in Montecopiolo befördern soll. Das Peleton muss hier eine 40-Kilometer-Schleife absolvieren. «Zwei Mal den Giro sehen», wirbt er für dieses Spektakel.
Und aus Oropa, wo gar eine Prozession zu Ehren Pantanis in Planung ist, meldete sich Ex-Profi Wladimir Belli mit dieser Einschätzung zu Wort: «Nach dem Fall Armstrong ist das Bild von Pantani doch umgewertet worden. Zuerst schien er der, der sich jenseits des Rahmens bewegt hat. Jetzt weiß man, dass das ganze System so war.»
Belli, 1999 immerhin Neunter bei der Tour de France, spielt darauf an, dass Pantani als einer der Ersten wegen eines zu hohen Hämatokritwertes - ein möglicher Hinweis auf EPO-Doping - aus dem Rennen genommen wurde. Doch auch diese sogenannte Schutzsperre konnte nicht verhindern, dass der abgestürzte Bergkönig am 14. Februar 2004 in Rimini vereinsamt und von Medikamenten abhängig in einem Hotel starb, das sich auf halbem Weg zwischen dem Zielort der achten und dem Startort der neunten Etappe des diesjährigen Giro befindet. Eine Rundfahrt zum Nachdenken.
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