Madrid (dpa) - Als die spanische Polizei im Mai 2006 den Arzt Eufemiano Fuentes und mehrere Helfer festnahm, schlug die Aktion weltweit Wellen. Die «Operación Puerto» brachte den größten Dopingskandal in der spanischen Sportgeschichte ans Licht.
Mehr als 50 Radprofis gerieten unter Dopingverdacht. Sieben Jahre später müssen sich Fuentes & Co nun vor Gericht verantworten. Am Montag wird in Madrid einer der spektakulärsten Dopingprozesse eröffnet. Neben Fuentes werden dessen Schwester Yolanda und die früheren Rennstallmanager Manolo Saiz (Once, Liberty), José Ignacio Labarta (Comunidad Valenciana) und Vicente Belda (Kelme) auf der Anklagebank sitzen. Etwa 15 Radprofis sind als Zeugen geladen, darunter Stars wie Alberto Contador oder Ivan Basso. «Es ist zutiefst bedauerlich, dass es sieben Jahre dauerte, bis die Sache vor Gericht kommt», sagte Oberstaatsanwalt Eduardo Esteban der Nachrichtenagentur dpa. «Da läuft etwas schief.»
Für Spanien steht bei dem Prozess viel auf dem Spiel. Das Land will der Sportwelt beweisen, dass es im Kampf gegen das Doping nicht so lax vorgeht wie häufig angenommen wird. Allerdings werden keine Sportler als Angeklagte vor Gericht stehen. Zwar waren im Zuge der Affäre Profis wie Basso, Michele Scarponi (beide Italien), Alejandro Valverde (Spanien) oder der Ansbacher Jörg Jaschke gesperrt worden, und Jan Ullrich beendete seine Karriere. Aber die spanische Justiz konnte den Sportlern nichts anhaben, weil Doping 2006 nach spanischem Recht noch kein Straftatbestand war.
Im Prozess wird es daher nicht darum gehen, welcher Profi sich wann gedopt hatte. Die Anklage muss vielmehr den Nachweis erbringen, dass Fuentes und seine Helfer die Gesundheit ihrer Kunden in Gefahr gebracht haben. Die Staatsanwaltschaft legt den Angeklagten eine «Gefährdung der öffentlichen Gesundheit» zur Last und fordert für jeden von ihnen zwei Jahre Haft.
Dies bedeutet, dass selbst im Fall einer Verurteilung wohl keiner der Angeklagten ins Gefängnis muss; denn Haftstrafen von bis zu zwei Jahren werden in Spanien normalerweise zur Bewährung ausgesetzt. Der Nachweis einer Gesundheitsgefährdung wird der Anklage jedoch ziemlich schwer fallen. Dies zeigt sich allein daran, dass der zuständige Ermittlungsrichter zweimal das Handtuch geworfen und den Fall zu den Akten gelegt hatte. Die Staatsanwaltschaft erreichte jedoch, dass die Ermittlungen beide Male wieder aufgenommen wurden.
Die Verteidigung wird argumentieren, dass Fuentes bei der Verabreichung von aufbereitetem Blut nach den Regeln der medizinischen Hygiene vorgegangen sei und kein Sportler über gesundheitliche Beeinträchtigungen geklagt habe. «Auch in Hotelzimmern können Bluttransfusionen unter hygienisch einwandfreien Bedingungen vorgenommen werden», zitiert die Zeitung «El País» aus einem Schreiben der Fuentes-Anwälte. Bei dem Arzt waren mehr als 200 Blutbeutel sichergestellt worden, die er sorgfältig beschriftet hatte. Allerdings benutzte er Code-Namen, von denen die Ermittler einige bis heute nicht dechiffrieren konnten.
Fuentes hatte nach der Aufdeckung des Skandals in Interviews die Ansicht vertreten, ohne leistungssteigernde Mittel könnten Spitzensportler den enormen Anforderungen nicht gerecht werden. Seine Schwester Yolanda, die ebenfalls Ärztin ist, sagte einmal: «Wer sich nur von Fleischstückchen und Salaten ernährt, fährt nicht den (Pyrenäen-Pass) Tourmalet hoch.»
Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) ist bei dem Prozess als Nebenklägerin vertreten. Sie will herausfinden, ob neben Radsportlern auch Profis anderer Sportarten in den Skandal verwickelt waren. Dazu betont Oberstaatsanwalt Esteban: «Ich habe in den Akten keine Namen von Fußballern, Fechtern oder Vertretern anderer Sportarten gesehen.» Das Gerichtsverfahren ist bis Mitte März terminiert, die Urteile werden kaum vor April erwartet.