Neusäß (rad-net/dpa) - Jens Voigt wagte bei seiner letzten Bayern-Rundfahrt noch einmal eine dieser berühmten Solofahrten - am Ende jedoch leider erfolglos. Trotz eines famosen Kraftakts verpasste der Rad-Routinier aus Berlin den erhofften Tagessieg auf der dritten Etappe der fünftägigen Rundfahrt knapp.
Nach mehr als fünf Stunden an der Spitze wurde der 42-Jährige am Freitag kurz vor dem Ziel in Neusäß bei Augsburg eingeholt und musste den Sieg Daryl Impey überlassen, der sich sechs Kilometer vor dem Ziel aus dem Feld abgesetzt hatte und sich in Voigt-Manier den Etappengewinn holte. Der Südafrikaner vom Team Orica-GreenEdge setzte sich nach insgesamt 232,7 Kilometern vor Landsmann Reinardt Janse Van Rensburg (Giant-Shimano) und dem Russen Alexander Porsew (Katusha) durch.
«230 Kilometer habe ich gearbeitet, leider war die Strecke aber fünf Kilometer zu lang für mich», sagte Voigt. «Ich dachte, wenn ich hier die Nummer eins trage, dann kann ich auch wie die Nummer eins fahren.» Dass es am Ende nicht für den Platz auf dem Podest reichte, hakte der Routinier ab.
Der dreimalige Sieger der Bayern-Rundfahrt hatte sich für seine Attacke die längste Etappe ausgesucht und war schon rund 15 Kilometer nach dem Start in Grassau im strömendem Regen ausgerissen. Schnell hatte Vogt einen Vorsprung von 45 Sekunden herausgefahren, bis er mit Timo Thönel (Team Stuttgart), Sebastian Deckert (LKT-Team Brandenburg) sowie dem Kolumbianer Heiner Parra (Caja Rural-Seguros) Gesellschaft fand. Das Quartett erarbeitete sich einen maximalen Vorsprung von 7:30 Minuten, bevor das Feld bereits nach gut 50 Rennkilometern mit der ernsthaften Verfolgung begann. Im Finale konnten dann zuerst Parra und Deckert und einige Kilometer später auch Thömel dem Routinier nicht mehr folgen - am Ende fehlte Voigt nicht viel zum Coup.
«Realistisch war die Chance niemals groß, dass wir es schaffen. Aber sie war da. Und wer es nicht versucht, kann nie gewinnen. Natürlich hätte ich hier lieber den Etappensieg eingefahren, als eingeholt zu werden am Ende. Trotz allem war es ein guter Tag für mich. Ich konnte mich noch einmal vorne zeigen, die alte Geschichte: Ich gegen alle, ich gegen das Feld - der Klassiker sozusagen. Wenn ich hier die Nummer eins bekomme, dann kann ich auch wie die Nummer eins fahren.»
Gleichzeitig habe ihn das Rennen aber auch in seinem Beschluss bestärkt, seine Karriere nach dieser Saison zu beenden: «Mein Kopf und mein Körper sagen mir immer wieder, dass es jetzt reicht», so Voigt. «Und darauf werde ich hören.» Trotzdem war die insgesamt 213 Kilometer lange Flucht für Voigt auch eine Genussfahrt: «Ich habe heute ganz oft meinen Namen gehört. Ich muss zugeben, das war ein schönes Gefühl. Ich bekomme so viel Sympathie von den Menschen, das ist einfach toll. Aber trotzdem ist nach dieser Saison endgültig Schluss mit dem aktiven Rennsport.»
Bester Deutscher wurde letztlich der erst 19 Jahre alte Phil Bauhaus vom Team Stölting als Vierter. An der Spitze der Gesamtwertung gab es keine Veränderung: Der Schweizer Mathias Frank (IAM Cycling) führt weiterhin mit fünf Sekunden Vorsprung auf den Franzosen Thibaut Pinot sowie den Tschechen Leopold König vom deutschen Team NetApp-Endura.
Die wohl entscheidende Etappe im Kampf um den Gesamtsieg bei der 35. Bayern-Rundfahrt steht am Samstag beim 25,5 Kilometer langen Einzelzeitfahren in Wassertrüdingen an. Topfavorit auf den Erfolg im Kampf gegen die Uhr ist Fabian Cancellara aus Voigts Trek-Team. Als erster Fahrer startet um 12.30 Uhr mit Fabian Brintrup (rad-net ROSE Team) der jüngste Teilnehmer der Bayern-Rundfahrt in den Kampf gegen die Uhr, Spitzenreiter Frank wird um 14:46 Uhr von der Rampe rollen und gegen 15:18 Uhr im Ziel erwartet.