Praia a Mare (dpa) - Auch nach sehr holprigem Start beim 101. Giro d'Italia bleibt Chris Froome der coole Kalkulator.
«Mein Ziel ist es, in der dritten Woche am stärksten zu sein, und da bin ich auf gutem Weg», sagte der umstrittene Brite nach seinem bestandenen Härtetest auf den steilen Rampen des Ätna. Dort konnte er bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt mit seinem vermeintlich härtesten Konkurrenten im Kampf um den Gesamtsieg, Vorjahressieger Tom Dumoulin, immerhin mithalten.
Der smarte Niederländer vom deutschen Sunweb-Team zollte Froome sportlichen Respekt: «Er ist gut unterwegs, er fährt mit um den Sieg». Grundsätzlich steht Dumoulin dem Sky-Kapitän, dem wegen der weiter ungelösten Salbutamol-Affäre eine Doping-Sperre und womöglich die Aberkennung seiner Siege einschließlich des Vuelta-Erfolges von 2017 droht, kritisch gegenüber. An Froomes Stelle hätte er auf eine Teilnahme verzichtet, hatte der Sunweb-Kapitän vor dem Giro-Start erklärt.
Froome geht beim Giro nicht nur wegen der ungeklärten Rechtslage ein Wagnis ein. Zum einen muss er so stark sein, um Dumoulin oder seinen Landsmann Simon Yates zu übertrumpfen, anderseits muss er noch Reserven für die Tour de France konservieren. Obwohl der Veranstalter ASO bei weiterer Untätigkeit des Weltverbandes UCI mit der Roten Karte gegen Froome drohte, peilt der 32-Jährige ab 7. Juli in Frankreich sein fünftes Gelbes Trikot an.
Mit einem erneuten Erfolg auf den Champs Elysées fände Froome Aufnahme in den exklusiven Club der Fünffachsieger um Jacques Anquetil, Eddy Merckx, Bernard Hinault und Miguel Indurain. Bis es soweit kommen kann, ist allerdings weiter die UCI gefragt, die acht Monate nach der Analyse des stark erhöhten Wertes des Asthmamittels Salbutamol im vergangenen September immer noch keine Sanktionen beschlossen hat. Obwohl es Präzedenzfälle gibt.
Froome und seine Entourage aus Wissenschaftlern und Anwälten beruft sich womöglich auf eine umstrittene Untersuchung aus Leiden in den Niederlanden, in der die Genauigkeit des angewandten Salbutamol-Tests angezweifelt wird. Leiter der Studie war Jules Heuberger, der im vergangen Jahr publiziert hatte, dass das bei Ausdauersportlern - wahrscheinlich nicht zu Unrecht - beliebte EPO keine Leistungssteigerung hervorriefe.
Froome kam bei seinem ersten Giro nach 2010, als er disqualifiziert worden war, nachdem er sich an einem Motorrad festgehalten hatte, schwer in Schwung. Im Auftakt-Zeitfahren in Jerusalem hatte er nach einem leichten Sturz beim Einfahren 27 Sekunden auf den Tagessieger Dumoulin verloren. In Caltagirone waren es weitere 21 Sekunden, als er auf den letzten 900 Metern seinen Teamkollegen nicht mehr folgen konnte.
Die Ätna-Etappe, nach der er im Gesamtklassement auf Rang acht vorrückte, soll die Wende gebracht haben. «Er wird von Tag zu Tag stärker», gab sein sportlicher Leiter Dario Cioni zu Protokoll. Am Sonntag beim rund 45 Kilometer langen Aufstieg auf den Gran Sasso muss Froome den nächsten Leistungsnachweis erbringen. Immerhin ist er auch dem Veranstalter etwas schuldig. Der soll dem schlagzeilenträchtigen Briten 1,4 Millionen Euro Antrittsgage hingeblättert haben.
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