Boston (dpa) - Für Lance Armstrong wird es nun ganz eng. Der frühere Radprofi steht wegen neuer Doping-Vorwürfe massiv unter Druck und läuft Gefahr, seine sieben Tour-de-France-Titel zu verlieren.
Auf 15 Seiten wurde der Texaner in einem Schreiben der amerikanischen nationalen Anti Doping-Agentur der USA (USADA) darüber informiert, dass mutmaßliche Dopingproben von ihm aus den Jahren 2009 und 2010 «vollkommen mit Proben übereinstimmen, an denen Blutmanipulation, inklusive EPO und/oder Blut-Transfusionen vorgenommen wurden.» Als erste Konsequenz sperrte die USADA Armstrong sofort für alle Wettbewerbe.
Kein Radsport-Event und auch keine Teilnahme in seinem neuen Betätigungsfeld, dem Triathlon, sind dem 40-Jährigen jetzt noch erlaubt. Ein Wettkampf in Frankreich wird am 24. Juni daher ohne den umstrittenen Star stattfinden, Armstrongs geplante Teilnahme am Ironman auf Hawaii im Oktober erscheint ebenfalls unrealistisch.
«Unsere Regeln (...) schreiben vor, dass ein Athlet während laufender Ermittlungen nicht berechtigt ist, an einem Wettkampf teilzunehmen. Armstrong ist deswegen für WTC-lizenzierte Wettkämpfe bis zur weiteren Prüfung gesperrt», hieß es vom Triathlon-Weltverband (WTC) im Bezug auf die Anschuldigung.
Armstrong bestreitet die neuerlichen Vorwürfe. «Ich habe nie gedopt und bin im Gegensatz zu vielen meiner Ankläger 25 Jahre als Ausdauer-Athlet angetreten, ohne das meine Leistung plötzlich angestiegen ist», betonte er in einer Stellungnahme auf seiner Homepage. Armstrong wies zudem darauf hin, dass er mehr als 500 Mal auf Doping kontrolliert wurde und alle Tests bestanden habe.
In dem Schreiben, das die Washington Post über ihren Internet-Auftritt veröffentlicht hat, beschuldigt die USADA Armstrong und fünf weitere Personen aus der Radsportszene, zwischen 1998 und 2011 an massiven Doping-Verschwörungen beteiligt gewesen zu sein. Weiter betont die USADA, dass «mehrere Fahrer mit Wissen aus erster Hand», aussagen würden, dass Armstrong zwischen 1998 und 2005 EPO und Testosteron genommen, Blut-Transfusionen genutzt sowie Doping vertrieben und verwaltet habe. Die Profis, so heißt es weiter, würden zudem bezeugen, dass der Radstar bereits vor 1996 mit dem menschlichen Wachstums-Hormon HGH gedopt habe.
Unter den beschuldigten Personen ist auch der aktuelle sportliche Leiter vom Team RadioShack und langjährige Armstrong-Vertraute, Johan Bruyneel. Vor allem an ihn dürfte sich daher der Aufruf des Radsport-Weltverbands UCI wenden. «Die UCI (...) betont, dass die betroffenen Personen gebeten wurden, Stellungnahmen gegen die erhobenen Vorwürfe einzureichen», schrieb der Verband auf seiner Homepage. Sie sei in die Ermittlungen der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA aber nicht involviert.
Armstrongs Anwalt Robert Luskin bezeichnet die neuen Anschuldigungen als «ein Produkt von Böswilligkeit und Groll und ohne Beweise.» Seine Aussage begründet er damit, dass sich die Behauptung einer überspannenden Doping-Verschwörung gegen vier Teams und einen Zeitraum von 14 Jahre richte, letztlich aber Armstrong der Einzige sei, dem Doping angelastet werde.
Trotz zahlreicher Anschuldigungen und Zeugen-Aussagen, unter anderem von seinen ehemaligen Team-Mitgliedern Tyler Hamilton und Floyd Landis, ist Armstrong bislang straffrei davongekommen. Im Februar hatte die US-Staatsanwaltschaft ihre fast zweijährigen Untersuchungen gegen ihn ohne Angabe von Gründen eingestellt. Unter Führung von Cheffahnder Jeff Novitzky versuchten die Ermittler zu klären, ob während Armstrongs Zeit beim von der Regierung gesponserten amerikanischen Rennstall US Postal ein Dopingprogramm aufgebaut wurde. Die USADA indes hatte bereits vor vier Monaten angekündigt, ihre Ermittlungen gegen Armstrong fortzuführen.