Berlin (rad-net) Es ist eine Behauptung, es ist die Wahrheit: Keine andere
unter den großen Arenen des Radsports bietet solch eine Stimmung, solch ein
Fluidum, solch mitreißende Begeisterung, wie sie am Samstag während der
Goldenen Nacht im Velodrom, der Berlin Arena, beim 92. Berliner Sechstagerennen
um den Großen Preis der Berliner-Schultheiss-Brauerei mitzuerleben war.
Mit 13.000 Zuschauern war der Tempel der Sechstagehelden bis auf den letzten Platz
gefüllt. Tausende hatten sich auf diese Goldene Nacht gefreut und mit ihrer
Vorfreude die Tickets so zeitig gebucht, dass schon Wochen vor der Veranstaltung
das "Ausverkauft" die Runde machte. Die Bahnasse aus aller Welt, aus
den Radnationen des alten Kontinents Europa, aus Amerika und dem Süden Afrika,
aus Australien - sie alle liefen angesichts dieser Kulisse zu einer
begeisternden Form auf. "Den hartgesottenen Profis machte ihre Arbeit auf
dem Rad mehr als Spaß", bescheinigte Radidol Otto Ziege und Ralph Schürmann,
der Bahnkonstrukteur aus Münster, der solche Pisten wie in Berlin in der ganzen
Welt errichtet, und bei großen Rennen erlebt, war baff: "Berlin übertrifft
alles. Es ist einfach faszinierend! Die wundervolle Arena, die Sportler in
Top-Stimmung, und das Publikum, das eine einzigartige Begeisterung zeigt."
Wer wollte da dem Berliner Frank Zander widersprechen, der alle einschwor auf
die Losung des Tages: "Nur nach Hause, nur nach Hause geh'n wir nicht!
Der radsportbegeisterte Spreeathener zeigte sich ebenfalls in Bestform,
und heizte die grandiose Stimmung meisterhaft an. Und in diesem Reigen der Gefühle
schwelgten die Akteure mit der La Ola-Welle und der schon zum Kult gewordenen
"Karawane"-Melodie ebenso wie die Fans auf den Rängen... Und Sport,
gab es auch Sport? "Vom Feinsten!", gestand selbst der hartgesottene
Ex-Profi und viermalige Weltmeister Rudi Altig zu, der zwar selbst drei
Sechstagerennen in den alten Hallen der Stadt Berlin gewonnen hatte, aber nun
zum ersten Male bei dem modernen Sechstagerennen im unvergleichlich schöneren
Velodrom weilte. Die Männer um Silvio Martinello, Bruno Risi und Guido Fulst
boten Radsport der Extraklasse, passend zur Goldenen Nacht der Superlative!
Wie in allen Nächten bildeten die kleineren Rennen den Vorgeschmack auf die Große
Schultheiss-Jagd über 45 Minuten. Die Niederländer Robert Slippens/Danny Stam,
die im Januar das Bremer Sechstagerennen gewonnen hatten, schafften nach dem
zweiten Rang am Vortag diesmal den Sieg in der Kleinen Jagd, den 30 Minuten im
Bewag-Rennen. Die Europameister flitzten mit den Eidgenossen Franco Marvulli/Alexander
Aeschbach, mit den Berlinern Guido Fulst/Andreas Müller und Altmeister Adriano
Baffi/Weltmeister Chris Newton der Konkurrenz um eine Bahnlänge davon. Die Führung
in der Gesamtwertung hatten indes die Schweizer Risi/Betschart an sich gerissen,
immer hart verfolgt von Martinello/Villa, die sich an ihre Hinterräder geheftet
hatten. Beide Teams dominierten auch die Große Schultheiss-Jagd über 45
Minuten, die zu Recht als Höhepunkt jeder Nacht gilt. Sie hatten den
Kontrahenten Kappes/Beikirch und McGrory/Gilmore einen Rundenvorsprung
gestattet, aber im Finale der Jagd, die dem Hauptsponsor dieser Six days
gewidmet ist, drehten die Top-Teams so auf, dass sie innerhalb der letzten 20
Runden den Rundenrückstand egalisierten und zugleich in den Wertungen als
Punkte kassierten. Wie sie über sich hinauswuchsen, bewies der Schlußspurt:
Der sonst keinesfalls zu den Schnellsten gehörende Kurt Betschart rang diesmal
im vehementen Finalsprint den Flitzer Marco Villa nieder und sicherte damit den
"Alpenblitzen" den Sieg.
Immer rasanter jagten auch die Sprinter um die Bahn. Jens Fiedler, der wie schon tags zuvor das Rundenrekordfahren gewann, unterbot für die 250-m-Runde erstmals die 13,0-s-Grenze. Mit 12,945 s kam er dicht an den Bahnrekord heran, den er selbst im WM-Form aufgestellt hatte. Auch alle anderen Sprinter waren schneller als an den Vortagen! Aber im
Finale der drei besten Sprinter des Tages zeigte sich auch eine andere Qualität:
Fiedler, Wolff und Lausberg erwiesen sich als Meister im - Stehen. Mit ihrem
Stehversuch, den Bahnsprecher Herbert Watterott meisterhaft kommentierte, überboten
sie mit 8:21 Minuten den Vorjahrsrekord (6:35 Min.) beträchtlich. Und dann ging
es wie im Rennwagen von 0 auf Hundert. Fast zumindest, denn in den verbleibenden
2 Bahnlängen vom Stehversuch bis zum Ziel steigerten die drei Athleten ihr
Tempo auf über 75 km/h! Seite an Seite preschten sie über die Zielgerade. Und
Sören Lausberg, der 100-kg-Recke, raste schließlich um eine Handbreite vor den
anderen ins Ziel... Welche Faszination dem Bahnradsport innewohnt, zeigten auch
die vielen anderen Disziplinen und solche Könner wie Steher-Champ Carsten
Podlesch, der erneut dominierte.
Die Begeisterung des Publikum läßt sich kaum in Worte fassen - da muß man in der Goldenen Nacht der Superlative dabei gewesen sein!
Gesamtwertung des 92. Berliner Sechstagerennens nach dem 3. Tag:
1. Risi/Betschart (Schweiz) 161 Pkt.
2. Martinello/Villa (Italien) 145 Pkt.
3. McGrory/Gilmore (Australien/Belgien) 113 Pkt.
1 Runde zurück:
4. Kappes/Beikirch (Köln/Büttgen) 140 Pkt.
2 Runden zurück:
5. Slippens/Stam (Niederlande) 99 Pkt.
3 Runden zurück:
6. Marvulli/Aeschbach (Schweiz) 97 Pkt.
7. Fulst/Müller (Berlin) 95 Pkt.
8. Baffi/Newton (Italien/GB) 42 Pkt.
5 Runden zurück:
9. Madsen/Sandstöd (Dänemark) 15 Pkt.
7 Runden zurück:
10. Teutenberg/Kowatschitsch (Mettmann/Stuttgart) 34 Pkt.
8 Runden zurück:
11. Nothstein/Van Zyl (USA/Südafrika) 49 Pkt.
12. Neuville/Perque (Frankreich) 39 Pkt.
13. Stocher/Zabka (Österreich/Slowakei) 29 Pkt.
14. Bach/Weispfennig (Erfurt/Kirrlach) 26 Pkt.
9 Runden zurück:
15. Lehmann/Dörich (Leipzig/Stuttgart) 47 Pkt.
16. Steinweg/Altmann (Böhl-Iggelheim/Berlin) 35 Pkt.
17. Lapage/Lauke (Belgien/Frankfurt/Oder) 12 Pkt.
11 Runden zurück:
18. Vonhof/Hansen (Berlin/Dänemark) 58 Pkt.
Große Schultheiss-Jagd - 45 Minuten Zweier-Mannschaft:
1. Risi/Betschart (Schweiz) 13 Pkt.
2. Martinello/Villa (Italien) 11 Pkt.
3. McGrory/Gilmore (Australien/Belgien) 6 Pkt.
4. Kappes/Beikirch (Köln/Büttgen) 3 Pkt.
1 Runde zurück:
5. Slippens/Stam (Niederlande) 0 Pkt.
6. Fulst/Müller (Berlin)
7. Teutenberg/Kowatschitsch (Mettmann/Stuttgart)
8. Marvulli/Aeschbach (Schweiz)
9. Sandstöd/Weispfennig (Dänemark/Kirrlach).
10. Baffi/Newton (Italien/GB)
Bewag-Jagd - 30 Minuten Zweier-Mannschaft
1. Slippens/Stam 7 Pkt.
2. Marvulli/Aeschbach 7 Pkt.
3. Fulst/Müller 6 Pkt.
4. Baffi/Newton (Italien/GB) 0 Pkt
1 Runde zurück:
5. Lehmann/Dörich 1 Pkt.
6. Neuville/Perque 1 Pkt.
7. 8 Teams ohne Punkte:
Martinello/Villa
Risi/Betschart
Kappes/Beikirch
Teutenberg/Kowatschitsch
McGrory/Gilmore,
Sandstöd/Weispfennig (Dänemark/Kirrlach)
Stocher/Zabka
Steinweg/Altmann
Internationaler Sprinter-Cup - Großer Preis "Getränke-Hoffmann"
(3. Tag):
Keirin: 1. Laurent Gane (Frankreich), 2. Jens Fiedler (Chemnitz), 3. Rene
Wolf (Erfurt), 4. Ainars Kiksis (Lettland), 5. Craig Maclean
(Großbritannien), 6. Sören Lausberg (Berlin).
Rundenrekordfahren (250 m): 1. Fiedler 12,946 s, 2. Lausberg 13,146 s, 3.
Wolff 13,302 s, 4. Gane 13,303 s, 5. Maclean 13,494 s, 6. Kiksis 13,550 s.
Sprint, Finale A: 1. Lausberg, 2. Fiedler, 3. Wolff; Finale B: 4. Kiksis, 5.
Maclean, 6.Gane.
Gesamt nach dem 3. Tag:
1. Jens Fiedler (Chemnitz) 43 Pkt.
2. Sören Lausberg (Berlin) 36 Pkt.
3. Rene Wolff (Erfurt) 31 Pkt.
4. Laurent Gane (Frankreich) 26 Pkt.
5. Craig Maclean (GB) 16 Pkt.
6. Ainars Kiksis (Lettland) 16 Pkt.
Esso-Partner-Preis der Steher
3. Wettbewerb:
1. Carsten Podlesch (Berlin)
2. Peter Jörg (Schweiz)
3. Stefan Klare (Bielefeld)
4. Lubomir Mazel (Tschechien)
5. Jan Richter (Cottbus)
6. Francis de Jager (Niederlande)
7. Marco Ulbricht (Waltershausen)
8. Frank Schneider (Forst)
Gesamt nach dem 3. Tag:
1. Carsten Podlesch (Berlin) 5 Pkt.
2. Peter Jörg (Schweiz) 6 Pkt.
3. Stefan Klare (Bielefeld) 8 Pkt.
4. Lubomir Mazel (Tschechien) 13 Pkt.
4. Francis de Jager (Niederlande) 15 Pkt.
6. Jan Richter (Cottbus) 17 Pkt.
7. Marco Ulbricht (Waltershausen) 20 Pkt.
8. Frank Schneider (Forst) 24 Pkt.