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Szene bei einem Zwift-Rennen. Grafik: BDR/Zwift
25.02.2021 15:54
Beliebtheit von Online-Rennen wächst - «Stellenwert des virtuellen Radsports ist hoch»

Frankfurt (rad-net) - Am kommenden Wochenende endet die «GCA eSports Liga» des Bund Deutscher Radfahrer (BDR), eine virtuelle Rennserie, an der im Schnitt 250 Sportlerinnen und Sportler teilnahmen. In Deutschland nutzen etwa 100.000 radsportbegeisterte Menschen die Möglichkeit über den Online-Anbieter «Zwift» sich in der virtuellen Welt zu messen, weltweit sind es geschätzte zwei Millionen. Hinzu kommen virtuelle Radsportler auf anderen Portalen. Ein klares Zeichen für die Beliebtheit der Online-Rennen.

«Der Stellenwert des virtuellen Radsports ist hoch. Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden», erklärte BDR-Vizepräsident Günter Schabel in einem Online-Pressegespräch und betonte gleichzeitig, «dass der E-Sport eine neue Sparte des Radsports sei und nicht als Konkurrenz zu den klassischen Radsport-Disziplinen, wie etwa Cyclo-Cross, zu sehen ist. «Wir stehen dem E-Sport sehr aufgeschlossen gegenüber», so Schabel.

Das macht auch die schnelle Umsetzung innerhalb des Verbandes deutlich. Im ersten Lockdown im letzten Frühjahr 2020 hatte der BDR innerhalb von nur wenigen Wochen die «GCA Liga powered by Müller – Die lila Logistik» ins Leben gerufen, die im Schnitt 6000 Leute auf YouTube verfolgten.

Tanja Erath, Profiradsportlerin im Team Tibco-SVB, kam vor vier Jahren über die «Zwift Academy» zum Profiradsport. «Es war quasi meine letzte Chance, im Profiradsport Fuß zu fassen», erläutert Erath. Diese Chance hat sie genutzt, wurde dort entdeckt und hatte schnell Kontakt in die Profiszene. «Ich konnte über die virtuelle Plattform zeigen, dass ich Potential habe», sagt sie. Die 31-Jährige findet Gefallen daran, sich in der virtuellen Welt mit der Konkurrenz zu messen. «Gerade im Lockdown war es eine gute Möglichkeit. Die Gruppendynamik zieht dich mit. Du hast im Schnitt 30.000 Leute, die parallel irgendwo auf der Welt in die Pedale treten. Das motiviert und gibt dir den Kick, sich aufs Rad zu setzen.» Für Erath ist es zudem ein großes Plus, dass die virtuellen Rennen Unabhängigkeit beiten. «Ich bin unabhängig von der Straße, bin keinem Verkehr ausgesetzt, wenn ich beispielsweise in der Großstadt lebe. Ich bin unabhängig vom Wetter und man kann auch noch abends nach der Arbeit fahren.» Für sie ist es zudem ein beliebtes Mittel um Intervalltraining zu fahren. Für die Grundlage geht sie aber lieber auf die Straße und an die frische Luft.

In der virtuellen Radsportwelt, in der jeder für sich zu Hause fährt, ist es jedoch auch leichter zu betrügen und falsche Werte, beispielsweise beim Gewicht, anzugeben. Daher befasst sich der Weltradsportverband UCI nicht erst mit der Einführung der ersten offiziellen E-Sports-Weltmeisterschaft im letzten Dezember, wo der Mainzer Jason Osborne für den BDR den Titel holte, mit dieser Problematik. «Stationäre Wettkämpfe an einem gleichen Ort und standardisiertes Material lassen bei Finalwettkämpfen keinen Spielraum für Unregelmäßigkeiten», sagt Tim Böhme, Trainerausbilder im BDR und als Head-Coach für die Digitalisierung des Radsports verantwortlich. Das ließ sich in den vergangenen Monaten allerdings aufgrund der Corona-Pandemie nicht realisieren.

Der BDR nehme das Thema Fairness aber auch im E-Sport-Bereicht sehr ernst, wie Böhme erklärte. So wolle man nach dem letzten Lauf zur «GCA eSports Liga» am kommenden Samstag einen deutschen Perspektivkader für die kommende E-Sports-WM aufstellen, in dem circa zehn talentierte Fahrerinnen und Fahrer aufgenommen werden. Wer in diesem Kader ist, muss sich auch den Doping-Bestimmungen im Verband stellen. Entsprechend wolle man auch die voranschreitende Professionalisierung des E-Sports mitgehen, denn - da sind sich Böhme und Schabel einig - die geht schnell voran. «Es wird immer professioneller und spezialisierter, sodass normale Straßenfahrer womöglich bald keine Chance mehr haben, vorne mitzufahren», so Böhme.

Weiter sehe man den eSport aber auch als Gewinn für die Nachwuchsarbeit im BDR. «Wir konnten in der Nachwuchs-Liga im Sommer einige Talente entdecken, die wir dann unseren Bundestrainern empfahlen», sagt Schabel. Viele Vereins- und Landestrainer hätten diese Möglichkeit ebenfalls genutzt - entweder um Talente zu entdecken, oder während des Lockdowns den jungen Sportlerinnen und Sportlern dennoch die Möglichkeit zu geben, gemeinsam online zu trainieren. Und der Wintereinbruch im Februar habe das Interesse am E-Sport noch weiter gesteigert. Allerdings, und das betonte Schabel besonders: «E-Sport ist keine Konkurrenz zum Cross-Sport. Wir haben deshalb die virtuellen Rennen immer so spät gelegt, dass es draußen schon dunkel war.»

Zurückhaltend sind dagegen noch mögliche Sponsoren. «Es ist in der Corona-Pandemie generell schwierig, neue Geldgeber zu finden, da die Unternehmen sehr zögerlich agieren. Aber wir sind auf einem guten Weg und zuversichtlich, hier in der Zukunft einiges erreichen zu können», sagte Uwe Rohde, BDR-Vizepräsident für den Bereich Marketing und Kommunikation.

Um noch mehr Leuten die Möglichkeit zu geben, sich in der virtuellen Welt des BDR zu betätigen, könnte man sich vorstellen, weitere Online-Anbieter neben Zwift ins Boot zu holen. Die Breitensportveranstaltungen sollen dann auch wöchentlich stattfinden. Sie werden aber erst im kommenden Herbst wieder ins Programm genommen. Bei schönem Wetter nämlich, da sind sich alle einig, zieht es Radsportler doch lieber auf die Straße.

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