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Hartmut Rimpler schaut sich ein Röntgenbild an.
06.07.2007 11:33
Bei Rad-Profis leiern die Adern aus

Berlin (dpa) - Auf dem Röntgenbild ist nur ein winziger Knick in der Beckenschlagader zu sehen - doch für einen Rad-Profi kann das weit reichende Folgen haben und sogar das Karriere-Ende bedeuten.

Immerhin sind die Schmerzen gerade bei höchsten Anstrengungen auf Dauer wie bei der Tour de France in den Beinen und dem Rücken oft so groß, dass nichts mehr geht. Die Ursache? Das jahrelange harte Training, viele Wettkämpfe und möglicherweise Doping haben die Blutgefäße in der Hüfte regelrecht ausgeleiert und kaputt gemacht. Dafür gibt es mittlerweile jedoch medizinische Hilfe: Der Berliner Gefäßchirurg Hartmut Rimpler operiert als einziger Arzt in Deutschland die zerschlissenen Arterien und bringt die Profi-Radfahrer zurück in den Sattel.

«Die Fleißigsten sind am meisten gefährdet», weiß der 51-jährige Rimpler vom Vivantes Klinikum in Friedrichshain. Das Problem: Profi-Radler trainieren täglich mehrere Stunden lang und legen bis zu 35 000 Kilometer im Jahr zurück. «Darauf ist der Körper von Natur aus aber nicht eingestellt», sagt Rimpler. «Deswegen leiert die wichtigste Ader zwischen Becken und Beinen mit der Zeit wie ein überdehntes Gummiband aus.» Die Folge sind unerträgliche Schmerzen, der betroffene «Knick» muss operativ entfernt werden.

Hinzu kommt, dass die meisten Profis mit gebücktem Oberkörper fahren, um den Gegenwind zu reduzieren. «Dadurch knickt die gedehnte Ader jedoch wie ein Gartenschlauch ein und kann die Beine nicht mehr so gut mit Blut versorgen», erklärt der Gefäßchirurg. Außerdem reißt sie durch das ständige Knicken an der Innenseite ein und bildet ein immer dickeres Narbengewebe. Dadurch wächst das Gefäß von innen zu, bis irgendwann gar kein Blut mehr fließt.

Möglicherweise spielt in diesem Zusammenhang auch Doping eine Rolle. Immerhin verdicken bestimmte Mittel das Blut, so dass es stärker an die Innenseiten der Gefäße reibt. Das synthetisch zugeführte Hormon Epo birgt den Effekt, Blut «zu verdicken», weil es verstärkt rote Blutkörperchen bildet, mit denen Sauerstoff transportiert wird. «Doping könnte den Effekt verstärken, aber das weiß ich noch nicht - und will es auch gar nicht wissen», sagt Rimpler.

Dem Auslöser der Beschwerden ist man in Deutschland erst spät auf die Spur gekommen. Erst als der Gefäßchirurg 2002 von Jena nach Berlin wechselte, lernte er den ersten schmerzgeplagten Radler kennen. «Bis dahin war den meisten Medizinern in Deutschland nicht klar, woher das Ziehen im Bein kommt», sagt Rimpler. Bei einer normalen Untersuchung der Blutgefäße - der so genannten Angiographie - war nichts Unnormales zu sehen. Dann hatte Rimpler aber die Idee, die Patienten mit wie auf dem Rad gebeugten Beinen zu untersuchen. Mit Erfolg: Auf dem Monitor wurde ein Knick in der Ader sichtbar.

Sein Wissen über Diagnose- und Operationsmöglichkeiten musste er sich allerdings müheselig selber erarbeiten, weil er keine Hilfe von den erfahreneren Experten aus den «Radfahr-Ländern» Frankreich und den Niederlanden bekam. «Die halten das wohl aus taktischen Gründen zurück», vermutet Rimpler.

In Deutschland hat sich dagegen bisher noch niemand an den gefährlichen Eingriff gewagt. Derzeit gibt es zwar bundesweit knapp 250 Profi-Radler, doch nach Angaben der Uniklinik Freiburg - die jahrelang Profis betreute - wurden die Patienten zur OP bisher meist ins Ausland geschickt. Wie viele es waren, ist jedoch unklar. Einer holländischen Studie zufolge könnten bis zu 25 Prozent aller Ausdauersportler von diesem Problem betroffen sein. Konkrete Zahlen und Namen werden aus Angst vor Vertragskündigungen jedoch nicht genannt.


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