Minsk (dpa) - Die deutschen Teamsprinter sangen auf dem Siegerpodium in Minsk aus voller Brust die deutsche Nationalhymne mit. Der Fluch von London und Melbourne war überwunden.
Das Trio René Enders aus Erfurt, Neuling Stefan Bötticher aus Chemnitz und Maximilian Levy aus Cottbus hatte sich gegen das überraschend starke Team aus Neuseeland den Titel bei der Bahn-WM in Minsk zurückgeholt. Nach drei Runden lag die deutsche Mannschaft in 43,495 Sekunden hauchdünn vor den «Kiwis» (+0,049) und hatte den Golden Girls Kristina Vogel und Miriam Welte nachgeeifert.
Bei der Siegerehrung fiel die ganze Last von den Schultern der Fahrer und Bundestrainer Detlef Uibel. Nach zwei Jahren mit Pleiten, Pech und Pannen war der Titel der verdiente Lohn. Bei den Olympischen Spielen vor sechs Monaten hatte sich das favorisierte deutsche Trio nach dem kurzfristigen Ausfall von Stefan Nimke (Schwerin) mit Bronze begnügen müssen. Bei der WM vor einem Jahr in Melbourne wurde das BDR-Team nach einem Wechselfehler disqualifiziert. Und den WM-Titel WM 2011 gab es erst nachträglich nach der Disqualifikation Frankreichs.
«Wir haben hier endlich das Pech der letzten Jahre abgelegt», sagte Anfahrer Enders. Für seinen Zimmerkollegen im Hotel «Victoria», Maximilian Levy, war der WM-Titel eine «Riesengenugtuung» und erinnerte ihn an die Olympischen Spiele: «Natürlich habe ich auf dem Podium noch mal London im Kopf gehabt», räumte Levy ein, der mit einer starken Schlussrunde den Rückstand nach den ersten beiden Runden wettmachte und Gold sicherte. «Ich bin eben ein Killer, wenn es darauf ankommt», sagte der 25-Jährige stolz und posierte immer wieder für Erinnerungsfotos.
Neuling Stefan Bötticher, der nach dem Finale zur Dopingprobe musste, versuchte nach seinem ersten WM-Titel seine Gedanken zu sortieren: «Es ist einfach ein geniales Gefühl, das so noch nie dagewesen ist.» Bötticher fuhr in Minsk für Robert Förstemann.
Die Titel-Feier im Mannschaftshotel fiel trotzdem sparsam aus, dennoch war die Nacht kurz. «Nach so einem Erfolg ist es immer schwierig runterzukommen und abzuschalten. Ich habe noch telefoniert und geskypt», berichtete Levy, der bereits am Freitag wie Stefan Bötticher im Keirin an den Start ging. Beide zählen zu den Medaillenanwärtern. Nur Enders durfte sich bei der kleinen WM-Feier ein Gläschen mehr gönnen - für den Anfahrer ist die WM bereits zu Ende.
Bundestrainer Uibel verzichtete am späten Abend auf seine obligatorische Sieger-Zigarre. «Es ist einfach zu kalt hier», sagte er und gönnte sich einen Wodka. «Ich bin super-happy. Das Ergebnis zeigt, welche Perspektiven wir im Teamsprint haben», erklärte Uibel.
Während andere Nationen wie Olympiasieger Großbritannien (Platz 6) große Probleme hatten, gibt es in Deutschland zurzeit ein Überangebot an Fahrern. Mit dem Olympia-Dritten Förstemann (Gera), Joachim Eilers (Chemnitz) und eventuell Rückkehrer Stefan Nimke drängen weitere Fahrer ins Team. Uibel: «Der Konkurrenzkampf ist leistungsfördernd. Es macht Spaß mit der Truppe.»