Frankfurt (rad-net) - Rudolf Scharping, Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), spricht im Interview über die Bilanz des Verbandes für 2013, die aktuelle Sponsorensituation im Radsport und über die Erwartungen an den neuen UCI-Präsidenten.
Zudem bekräftigt der 66-Jährige seine Forderung nach einem Anti-Doping-Gesetz und seine Zuversicht, die Tour de France wieder nach Deutschland holen zu können.
Herr Scharping, wie fällt Ihre Bilanz für 2013 aus?
Rudolf Scharping: Sportlich sehr gut und wirtschaftlich stabil. Mit 28 Gold-,
27 Silber- und 16 Bronzemedaillen war der Bund Deutscher Radfahrer auch 2013
einer der erfolgreichsten deutschen Spitzensportverbände. Unsere
Mitgliederzahlen sind in den letzten Jahren stetig gewachsen, aber auch wir
spüren den demografischen Wandel und leider auch immer noch den langen Schatten
der Dopingvergangenheit. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass wir diesen
Schatten loswerden, denn wir haben viele junge erfolgreiche Athletinnen und
Athleten.
Wie bewerten Sie die Sponsorensituation im deutschen Radsport?
Scharping: Unsere Vereine haben es nach wie vor schwer, weil sie der immer
noch vorhandenen Skepsis des örtlichen Gewerbes gegenüber stehen. Die
wirtschaftliche Situation des BDR ist glücklicherweise stabil, wir haben einige
sehr gute Partner. Im Profibereich ist die Situation unverändert schwierig;
einen neuen deutschen Rennstall wird es auch 2014 nicht geben. Umso erfreulicher
ist die Lage im Bereich Bahn, Mountainbike und BMX.
Im Herbst hat die UCI einen neuen Präsidenten gewählt. Was erwarten Sie
von ihm?
Scharping: Die Neuwahl Brian Cooksons ist ein glaubwürdiger Aufbruch. Die
Übergabe von Dopingverfahren an eine neutrale Instanz ist ein wichtiger Schritt
zu mehr Glaubwürdigkeit. Dies hat der BDR bereits vor Jahren getan, genauso wie
wir intelligentere und nachhaltige Kontrollen gefordert und in Deutschland
durchgesetzt haben. Mittlerweile ist dies internationaler Standard, im Radsport
auf jeden Fall und zunehmend auch in anderen Sportarten.
Der Koalitionsvertrag sieht auch ein Anti-Doping-Gesetz vor. Glauben Sie,
dass es kommt?
Scharping: Ich fordere dies bereits seit 1998, seit dem Festina-Skandal.
Meine Haltung dazu ist unverändert. Ich glaube, der Gesetzgeber ist klug
beraten, eine genaue Unterscheidung zu machen: Will man an Hintermänner
herankommen, dann sind die Mittel des Strafrechts und der staatlichen
Ermittlungen außerordentlich hilfreich. Man muss aber darauf achten, dass die
Sportgerichtsbarkeit nicht ausgehöhlt wird, denn sie kann den dopenden Sportler
am schnellsten und wirkungsvollsten aus dem Verkehr ziehen. Wenn wir auf
gerichtliche Entscheidungen gegen Sportler warten müssten, würden die bis dahin
starten können - das wäre ganz und gar unverantwortlich.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Radsports?
Scharping: Dass sich der Weg der Konsolidierung fortsetzt und wir nicht von
Ereignissen erschüttert werden, mit denen wir nicht rechnen. Ich bin
zuversichtlich, dass wir die Tour de France wieder nach Deutschland holen können
und dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen den Radsport wieder besser
platziert als in den letzten zwei, drei Jahren.
28 Welt- und Europameister-Titel in 2013 - Scharping lobt erfolgreiche Nachwuchsarbeit