Frankfurt (rad-net) - «Wir gehen davon aus, dass die Olympischen Spiele stattfinden und stecken mitten in den Vorbereitungen», ist Patrick Moster, Sportdirektor im Bund Deutscher Radfahrer (BDR), zuversichtlich, dass die Spiele von Tokio im Sommer dieses Jahres trotz Corona zur Austragung kommen.
Vieles sei jedoch noch ungeklärt, beispielweise wie man anreist, wann man sein Quartier beziehen kann und welche Quarantäne-Bestimmungen gelten. «Das gestaltet die Reiseplanungen sehr schwierig», so Moster. Aber dies würde in den nächsten Wochen mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) geklärt. Der Bund Deutscher Radfahrer wird in vier Sparten antreten: Bahn, BMX, Mountainbike und Straße. Aussichtsreiche Kandidaten für Medaillen und Top-Platzierungen gibt es in fast allen Bereichen, besonders aber auf der Bahn.
Obwohl der letzte große internationale Wettkampf, die Bahn-Weltmeisterschaften vor heimischer Kulisse in Berlin, mehr als ein Jahr zurückliegen, ist man beim BDR optimistisch, in Tokio erfolgreich abzuschneiden. «Die Vorbereitungen laufen planmäßig, auch wenn vermutlich der erste Weltcup in diesem Jahr wegen Corona wieder verschoben werden muss», sagt Kurzzeit-Bundestrainer Detlef Uibel. Fallen weitere internationale Wettkämpfe aus, greife Plan B in Form von internen Olympia-Ausscheidungen. «Die Motivation der Athleten ist hoch. Es herrscht kaum Zweifel, dass Tokio nicht stattfinden würde», so Uibel. Zunächst ist ein Bahn-Lehrgang im französischen Hyères im Vélodrome de Toulon Provence Méditerranée geplant - eine Freiluftbahn, die alle Möglichkeiten einer optimalen Wettkampfvorbereitung bietet. «Dort können wir coronakonform trainieren», sagt der Cottbuser. Interne Sichtungsrennen in Frankfurt/Oder und ein Grand Prix in Cottbus sollen im Mai folgen und dann schon international besetzt werden, wenn es die Corona-Bestimmungen erlauben. «Die Niederländer und Franzosen haben großes Interesse dort zu starten», sagt Uibel.
Das Leistungsniveau der deutschen Bahn-Sprinter sei derzeit gut. «Es gab keine Ausfälle, alle sind einhundert Prozent belastbar.» Internationale Vergleiche wären dennoch wünschenswert, auch wenn die gefahrenen Zeiten auf der Bahn viele Rückschlüsse auf die Form der Athleten zulassen. Zudem verfolge man intensiv Ergebnisse aus anderen Nationen. «Trotzdem ist es wie eine Wundertüte, wenn man so lange nicht auf die Konkurrenz getroffen ist», weiß Uibel. «Die Rennfahrer sind ungeduldig, wollen Wettkämpfe, suchen die Konkurrenz.»
Im Teamsprint der Männer erhofft sich Uibel bis Tokio noch eine Steigerung. «Die WM in Berlin hat gezeigt, dass es noch Reserven gibt.» Welche drei Athleten in Tokio an den Start gehen werden, das steht derzeit noch längst nicht fest. Denn die Nominierungskriterien für Tokio wurden nach der Verschiebung von 2020 auf 2021 noch einmal modifiziert. Sportler, die sich in diesem Jahr Zeitfahr-Normen erfüllen oder einen großen Entwicklungsschritt gemacht haben, können also noch das Olympia-Ticket lösen. «Da sind wir dem DOSB sehr dankbar, dass er so kooperativ war und wir so die besten Sportler nach Tokio schicken können», sagt Moster.
Bei den Frauen wird das Dream-Team von Berlin, die dreifache Weltmeisterin Emma Hinze, die Doppel-Weltmeisterin Lea Sophie Friedrich und Goldmedaillen-Gewinnerin Pauline Grabosch vermutlich nach Tokio reisen. Allerdings kommen nur zwei zum Einsatz, eine Fahrerin muss quasi auf die Ersatzbank. Wer das sein wird, muss Uibel in den nächsten Wochen nach Abstimmung mit dem Sportdirektor und dem DOSB entscheiden.
Nominiert wird in drei Schritten. Vermutlich werden die Bahnfahrer, die ihre Wettkämpfe erst in der letzten Olympia-Woche bestreiten, in der dritten Nominierungsrunde benannt. Sicher ist das allerdings noch nicht. «Aufgrund des wackelnden Wettkampfkalenders im MTB und BMX ist die Nominierungsreihenfolge des DOSB noch nicht bestätigt.»
Bahn-Verfolger Felix Groß, im vergangenen Herbst zweifacher Europameister der U23, ist gut durch die Corona-Pandemie gekommen und blickt zuversichtlich nach Tokio. Gerade ist er von einem Trainingslager auf Mallorca zurückgekommen, am Montag geht es bereits wieder zum Bahnlehrgang nach Frankfurt/Oder. Danach ist ein Höhentrainingslager in Mexiko geplant.
Wegen der Corona-Bestimmungen sind diese Reisen allerdings mit viel Aufwand verbunden. Regelmäßige Tests vor der Abreise und nach der Rückkehr sind notwendig. Im Ausland selbst befinden sich die Athleten in einer Blase, haben keinen Kontakt nach draußen. «Auf Mallorca haben wir in einer Finca und nicht im Hotel gelebt und uns selbst versorgt», sagt Felix Groß, der sehr darauf hofft, dass die Olympischen Spiele in Tokio stattfinden können. «Ich freue mich sehr auf die Spiele. Noch einmal verschieben, das geht glaube ich gar nicht und würde uns sehr hart treffen. Wir haben auch in der Corona-Pandemie gut gearbeitet, darum hoffe ich, dass wir nach Tokio fliegen können», erklärt der Leipziger und verfolgt ein großes Ziel: «In Tokio wollen wir mit dem Vierer um Bronze kämpfen.»