BDR-Bahnrad-Vierer gewinnt Gold in Weltrekordzeit
Jens Lehmann küsste die Bahn mit Tränen in den Augen -
Robert Bartko umarmte die Witwe des verstorbenen Bundestrainers Robert Lange. Die ersten
Minuten des Triumphes nach dem insgesamt fünften Olympiasieg eines deutschen Bahnvierers
feierten die "Teamchefs" des Weltrekord-Quartetts in Sydney auf verschiedene
Weise.
Nach 3:59,781 Minuten im Finale gegen die Ukraine stand am Dienstag fest: Der große
Favorit Deutschland hatte die hohen Erwartungen erfüllt und noch dazu auf spektakuläre
Weise eine Schallmauer des Bahn-Radsports durchbrochen.
"Die Zeit hat gezeigt, dass wir Langes Arbeit heute
vollendet haben", sagte der 32-jährige "Oldie" Lehmann, der zusammen mit
Bartko, Guido Fulst (beide Berlin) und Daniel Becke (Erfurt) mit einem Stundenmittel von
über 60 Kilometer zur Goldmedaille gerauscht war. "Es war einfach gigantisch. Die
Jungs haben sich das verdient. Alle vier waren in einer Traumverfassung", sagte
Bundestrainer Bernd Dittert, der den am 7. März auf Mallorca auf tragische Weise
umgekommenen Robert Lange ersetzt hatte. Ditterts Vorgänger war beim Rad-Training von
einem Auto erfasst worden und starb im Alter von 52 Jahren.
Nach dem "goldenen Dienstag" schraubten die BDR
Bahnfahrer ihre Ausbeute im mit 5.000 Zuschauern vollbesetzten Dunc Gray-Velodrom auf
jetzt zwei Gold- und zwei Silbermedaillen und avancierten zum leuchtenden Vorbild aller
deutschen Olympioniken.
Der zweifache Goldmedaillen-Gewinner Bartko, der im nächsten
Jahr Profi auf der Straße werden wird, könnte zum erfolgreichsten deutschen
Olympia-Starter werden. Auch eine leichte Erkältung, die ihn seit zwei Tagen quält und
für Hustenanfälle während der Siegerehrung sorgte, konnte Bartkos Elan vor den Augen
von Langes Witwe und deren beiden Töchtern nicht bremsen. "Es ist ein sehr schönes
Gefühl, zwei Goldmedaillen um den Hals zu haben. Aber ich werde mich wohl erst morgen
früh richtig freuen können, wenn sie dann noch da sind", sagte Bartko, der zu
seinen Profiplänen nichts Konkretes sagen wollte: "Das macht alles mein Trainer Uwe
Freese, mit dem ich schon acht Jahre zusammen bin, und der mich auch bei den Profis im
nächsten Jahr weiter betreuen wird."
Neben dem neuen deutschen Profi-Rennstall "Coast"
ist neuerdings auch wieder Telekom im Gespräch, nachdem dessen Chef Walter Godefroot
öffentlich eingestanden hatte, mit dem Verzicht auf Bartko einen Fehler begangen zu
haben. Das deutsche Quartett, das im im vergangenen Oktober in Berlin in selber Besetzung
Weltmeister geworden war und so auch noch ein Mal bei den Titelkämpfen in Manchester Ende
Oktober antreten will, startete gegen die Ukraine verhalten.
Auf den ersten beiden Runden führte der spätere
Silbermedaillen-Gewinner. Doch dann übernahm der deutsche Vierer unwiderstehlich das
Kommando und gab die Führung nicht mehr ab. "Ich hätte nicht gedacht, dass wir den
Rekord knacken, weil ich die letzten Runden auf Sicherheit gefahren bin", sagte
Lehmann, der schon in Barcelona Gold im Vierer geholt hatte.