Judith
Arndt wurde ihrer Favoritenrolle gerecht
Bei der Deutschen Straßen-Meisterschaft
in Bühl standen am Ende des 106,3 km langen Titelkampfes drei „Ausländerinnen“
auf dem Siegerpodest und hatten damit diesmal (noch) den jungen und
kaum minder starken Fahrerinnen insbesondere aus Brandenburg und Thüringen
das Nachsehen gegeben. Souveräne Meisterin wurde die 25jährige
Judith Arndt, die mit ihrem Solosieg an ihre jüngsten beachtenswerten
internationalen Erfolge, den Sieg in der Tour de l’Aude und der HP
Womens Challenge anknüpfte. Am entscheidenden Punkt der
Meisterschaftsstrecke, dem 14prozentigen Anstieg und vier Kilometer
langen Neusatzeck, ließ sie im Schlussangriff alle Kontrahentinnen
hinter sich und baute in der rasanten Talfahrt bis in das Ziel im
Stadtzentrum von Bühl ihren Vorsprung noch aus, so dass sie am Ziel
ebenso strahlen konnte wie die Sonne, die die Rennfahrerinnen auf
ihrem langen Kampf begleitet hatte. Bemerkenswert der Kampfgeist der
Titelverteidigerin Petra Roßner. Die Teamgefährtin von Judith Arndt
beim US-amerikanischen Saturn Cycling Team war aus der im Anstieg
zerfallenen Spitzengruppe in die dritte Staffel zurückgefallen. Aber
mit der ihr eigenen Energie kämpfte sich die einstige Olympiasiegerin
und Bahnweltmeisterin wieder heran und war dann in der ersten
Verfolgergruppe die souveräne Spurtsiegerin, die mit mehreren Längen
Vorsprung die Silbermedaille vor Regina Schleicher erkämpfte.
Die Karbacherin entführte
damit die dritte zu vergebene Medaille zu ihrer italienischen Sportgruppe
Michela Fanini. Bei der Siegerehrung trug sie das Trikot der Equipe Nürnberger
Versicherung, ein weiteres Indiz dafür, dass ihre Kontakte zu ihrem
ehemaligen Verein Tourenclub Nürnberg, heute Equipe Nürnberger, weiterhin
gut gedeihen.
Zu dieser ersten
Verfolgergruppe gehörten mit Trixi Worrack (RK Endspurt 09 Cottbus) vom
Bundesliga-Spitzenteam RED BULL Frankfurt/Oder und mit Tina Liebig (SSV Gera)
auch zwei frühere Junioren-Weltmeisterinnen, die im harten Finale des
Meisterschaftsrennens ihr hohes Leistungsvermögen bestätigten. Ihnen und
einigen weiteren jungen Athletinnen hätte man aber den Mut gewünscht, schon
früher zu attackieren, bevor in der Schlussrunde am Neusatzeck klare Fronten
geschaffen wurden und angesichts des dann so nahen Ziel keinerlei Korrektur möglich
war.
Hinter dem ersten Quintett
des Tages kam die tapfer kämpfende Birgit Söllner (Nürnberg), die mit Tina
Liebig den Kampf am Berg eingeleitet hatte, allein ins Ziel, dicht gefolgt von
dem vööig aufgeschlissenen Peloton, in dem bis zuletzt mit den vorhandenen Möglichkeiten
um ansprechende Plazierungen gekämpft wurde. Ein leistungsgerechtes Ergebnis
krönte diesen Titelkampf, in dem zwar die vielfache Meisterin Hanka
Kupfernagel fehlte, die aber wohl die Form ihrer Glanzzeiten gebraucht hätte,
um der neuen Meisterin Paroli bieten zu können.
Bei der Siegerehrung, die
BDR-Präsidentin Sylvia Schenk und Brühls Oberbürgermeister Hans Striebel
gemeinsam mit der Organisatoren-Legende Hermann Moos vornahmen, wurde Judith
Arndt erstmals das Trikot als Deutsche Straßen-Meisterin übergestreift,
nachdem sie schon dreimal Titelträgerin im Einzelzeitfahren gewesen war.
Doch das ist auch ein Teil
Vergangenheit für das im märkischen Gräbendorf – südöstlich von Berlin
– beheimatete Radsporttalent, das über die Stationen Berliner TSC und
Frankfurter RC 90 zur Weltklassefahrerin auf der Bahn reifte. Der
Weltmeistertitel in der Einzelverfolgung 1997 und eine Handvoll Silber- und
Bronzemedaillen konnten dennoch ihren Wunsch nach einem Wechsel auf die Straße
nicht bremsen. 2001 war für sie das Straßen-Lehrjahr, das sie bei Coach
Michael Schelske in Frankfurt/Oder meisterlich mit dem zweiten Platz in der
UCI-Weltrangliste und mehreren zweiten Plätzen in Top-Rundfahrten (Tour de
l’Aude, Thüringen, HP Womens Challenge; 3. Tour de France) abschloß. Und
beim Saturn Cycling Team, an der Seite der erfahrenen Petra Roßner, wuchs sie
in dieser Saison über sich hinaus. Aus der ruhigen Judith wurde ein
strahlender Siegertyp!
Der Titel als Deutsche Straßenmeisterin
2002 in Bühl war für Judith Arndt logische, leistungsgerechte Konsequenz
eines erfolgreichen Jahres.
In der Tageswertung der
zugleich als fünften Wettbewerb der FIAT-Rad-Bundesliga 2002 durchgeführten
Rennens holte die Tageszweite Petra Roßner für die Mannschaft Euregio
Egrensis die meisten Zähler, die Tina Liebig (5. Platz) und Theresa Senff
(10.) zum besten Mannschaftsergebnis ergänzten. Auf den Ehrenplatz kam
diesmal die Equipe Nürnberger (3. Regina Schleicher, 6. Birgit Söllner, 8.
Vera Hohlfeld) vor der Mannschaft RED BULL Stadtwerke Frankfurt/Oder (4. Trixi
Worrack, 12. Charlotte Becker, 13. Doreen Weise). In der
Gesamtmannschaftswertung liegt das Frankfurter Team weiter vor der Equipe Nürnberger
und Thüringens Euregio-Egrensis in Front.
In der Gesamteinzelwertung
konnten Hanka Kupfernagel und Angela Brodtka trotz Abwesenheit im
Meisterschaftskampf ihre Führung weiter behaupten. Rang drei hat nun Tina
Liebig inne, die ihre thüringische Teamkameradin Liane Bahler, die nach Sturz
in Bühl nicht wie erhofft zum Zuge kam, überholte. Liane Bahler bleibt aber
als Gesamtvierte – vor Trixi Worrack, Tanja Hennes und Sarah Düster - beste
Nachwuchsfahrerin der Bundesliga.
1 Arndt, Judith SAT Team Saturn
2 Rossner, Petra EUR Team Saturn
3 Schleicher, Regina NUR Michela-Fanini
4 Worrack, Trixi RED BULL Endspurt Cottbus
5 Liebig, Tina EUR SSV Gera
6 Söllner, Birgit NUR Equipe Nürnberger
7 Beyer, Susanne BER RC Charlottenburg
8 Hohlfeld, Vera NUR Equipe Nürnberger
9 Hennes, Tanja NUR Equipe Nürnberger
10 Senff, Theresa EUR BC 07 Arnstadt