Die laufende Querfeldein-Saison verlief aus deutscher Sicht vor
allem im internationalen Bereich nicht unbedingt optimal...
Dittert: "wenngleich es zu pauschal
für mich klingt, wenn man sagt, daß unsere Crosser schlechter sind als die
ausländischen. Wenn man die Voraussetzungen, unter denen die deutschen Fahrer trainieren,
mit den Bedingungen der Fahrern der Top-Nationen sieht, sind die Ergebnisse nicht so
schlecht, wie sie dem oberflächlichen Betrachter erscheinen."Woran liegt es dann, daß der deutsche
Querfeldeinsport seit Jahren Probleme hat, den Anschluß an die Weltspitze
wiederherzustellen?
Dittert: "Unser größtes
Problem ist, daß dem Cross-Sport in Deutschland im Augenblick zu wenig Interesse
entgegengebracht wird. Und zwar nicht von Seiten der Medien und Zuschauer, wie viele jetzt
vielleicht glauben. Das zu geringe Interesse herrscht vor allem bei den professionellen
Radsport-Teams. Es wäre optimal, wenn jede deutsche GS II einen Cross-Fahrer verpflichten
würde. Das würde dem Cross-Fahrer über das gesamte Jahr sowohl eine permanente
Beschäftigung unter professionellen Bedingungen garantieren als auch seine sportliche und
technische Weiterbildung ermöglichen. Und umgekehrt wäre der Sponsor der GS
II-Mannschaft damit nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter auf den Strecken
präsent."
Welche Rolle spielen Vereine und
Veranstalter in dieser Situation...
Dittert: "Die deutschen
Cross-Veranstalter geben sich viel Mühe. Die Qualität der Rennen ist in Ordnung, ein
Paradebeispiel ist dabei sicher das Rennen in Magstadt. Was die Vereine angeht, gibt es
leider nur in wenigen Regionen Deutschlands Radsport-Vereine, die sich intensiv mit dem
Cross-Sport beschäftigen. Diese Klubs leisten aus meiner Sicht eine beispielhafte Arbeit.
Vor allem im süddeutschen Raum, in Baden und Württemberg, in Westfalen und im Raum
Frankfurt bildeten sich in den letzten Jahren erfreulicherweise richtige Cross-Hochburgen
heraus. Problematisch ist jedoch, daß die Vereine den Fahrern aufgrund ihrer Ausrichtung
auf den Cross-Sport häufig nur im Winter optimale Beschäftigung bieten können."
Wie wirkt sich die gegenwärtige
Situation für den einzelnen Sportler aus?
Dittert: "Die Fahrer, wie bei uns zum
Beispiel ein Malte Urban, sind Einzelkämpfer. Es ist beachtlich, was sie in
Eigeninitiative, ohne die Unterstützung eines Teams, auf die Beine stellen. Es wäre
enorm wichtig, diese Fahrer in Mannschaften unterzubringen, deren Konzentration der
Wettkämpfe nicht nur auf der Wintersaison liegt."
Was machen die ausländischen
erfolgreichen Nationen in diesem Punkt anders?
Dittert: "Die Fahrer der international führenden Nationen
Belgien, Niederlande, Italien und Schweiz verfügen zum Großteil über ein
professionelleres Umfeld. Als Mitglied in Sportgruppen sind Fahrer wie zum Beispiel
Richard Groenendaal und Adrie van der Poel, die bei Rabobank unter Vertrag sind und Marc
Janssen beim belgischen Team Palmans-Ideal über das ganze Jahr beschäftigt und
finanziell durch Sponsoren abgesichert."
Inwieweit spielen die finanziellen
Mittel eine Rolle?
Dittert: "Cross ist keine olympische Sportart, da fließen
die öffentlichen Mittel ohnehin nicht im Überfluß. Die Beschickung eines Weltcups ist
natürlich finanziell und organisatorisch aufwendig, aber wir haben in diesem Jahr die
Weltcups nach vorhandenen Möglichkeiten wahrgenommen. Dies soll im kommenden Jahr noch
verstärkt werden, denn nur so können wir uns mit der internationalen Konkurrenz
auseinandersetzen und uns im Feld der Großen behaupten. Außerdem entscheidet
das Abschneiden im Weltcup über die Startreihenfolge bei der WM. Und dort wieder in der
ersten Reihe zu stehen ist unser langfristiges Ziel."
Die Kooperation mit den
Radsport-Disziplinen Straße und MTB ist ein großes Thema...
Dittert: "Zwischen Cross und Mountainbike gibt es zwar
bestimmte Ähnlichkeiten - was Motorik und Bewegungsablauf angeht, sind das jedoch zwei
ganz verschiedene Sachen. Nicht nur die Technik des Sportgeräts, auch die Strecken
unterscheiden sich stark. Der Cross-Sport stellt viel größere Anforderungen an die
Athletik des Sportlers. Fahrer wie Mike Kluge und Thomas Frischknecht haben zwar beide
Disziplinen bestritten, die Grundlagen wurden bei ihnen jedoch im Straßen- und
Cross-Sport gelegt. Was die Kooperation mit dem Straßenrennsport angeht, haben meine
Erfahrungen als Trainer gezeigt, daß eine gute Angliederung des Cross-Sports an den
Straßen-Rennsport möglich ist. Wie im vergangenen Jahr werden wir die Cross-Fahrer auch
im Sommer wieder in den Straßen-Teams der Junioren und U23 bei Peter Weibel
einsetzen."
In den vergangenen Jahren gab es
gemeinsame Trainingslager der Junioren und U23...
Dittert: "Gemeinsame Trainingslager der Junioren mit den
U23-Fahrern haben Vorteile, sind gleichzeitig jedoch aufgrund des unterschiedlichen
Trainingsaufbaus schwer zu organisieren. Dafür sind die Tagesabläufe zu unterschiedlich.
Was die Kooperation der Bundestrainer untereinander angeht, ist jedoch eine
hundertprozentige gegenseitige Unterstützung vorhanden."
Torsten Hiekmann, 1997 noch
Mitglied des BDR-Teams bei der Cross-WM in München, gehört nicht zum WM-Kader...
Dittert: "Ein Talent wie Torsten Hiekmann gibt es in
Deutschland nicht alle Jahre, so einen Fahrer dürfen wir nicht vorzeitig durch zu große
Belastungen überfordern und verschleißen. Die vergangene Straßensaison mit zahlreichen
Rennen und Rundfahrten sowie der Weltmeisterschaft im Oktober hat hohe Anforderungen an
ihn gestellt. Wir haben zwar anfangs spekuliert, daß er beide Weltmeisterschaften
bestreiten kann, letztendlich erschien uns der Abstand von Straßen-WM zur Cross-WM aber
zu gering. Hiekmanns Hauptaugenmerk gilt im Augenblick dem Straßen-Rennsport."
In der Eliteklasse sind nur drei
Fahrer nominiert, obwohl der BDR fünf Startplätze belegen kann. Mit welchen Erwartungen
gehen Sie in das WM-Rennen?
Dittert: "Im Elite-Bereich werden wir
mit drei Fahrern Arenz, Nestle und Urban an den Start gehen. Jens Schwedler konzentriert
sich auf den MTB-Sport, Mark Eberhart ist trotz seines erfolgreichen Abschneidens bei der
Deutschen Meisterschaft aus beruflichen Gründen nicht dabei. Von Medaillen träumen wir
im Elite-Bereich nicht, eine Plazierung unter den ersten 15 wäre ein Erfolg und nach den
Ergebnissen in den Weltcups aus meiner Sicht auch möglich."
Sechs Fahrer stehen im
U23-Aufgebot...?
Dittert: "...von denen jedoch leider
Markus Klausmann und Tilo Schüler, übrigens einer der talentiertesten im Team, nicht bei
der Weltmeisterschaft dabei sein werden. Im U23-Bereich fängt aus meiner Sicht der
Radsport richtig an. In dieser Kategorie gehen international hochkarätige Fahrer vor
allem aus Belgien und den Niederlanden an den Start. Es wäre wichtig, daß sich unsere
Fahrer Weigold, Kupfernagel, Wasmer und Reuker in diesem Feld gut behaupten. Chancen auf
vordere Plazierungen sehe ich vor allem für Steffen Weigold, der ja schon 1997 in
München bei den Junioren die Bronzemedaille gewann. Was seine sportlichen Möglichkeiten
betrifft, könnte er durchaus einmal in die Fußstapfen eines Klaus Peter Thaler oder Mike
Kluge treten."
Der BDR-Cross-Nachwuchs sorgte in
den letzten Jahren für die meisten Erfolge, wird das auch 1999 wieder so sein?
Dittert: "Im Junioren-Bereich gelangen
in den letzten Jahren sowohl auf der Straße als auch im Cross-Sport immer vordere
Plazierungen. Und nach der gelungenen WM-Generalprobe am vergangenen Wochenende in
Luxemburg, wo mit Dirk Reichl (1.), Jochen Käß (2.), Hannes Genze (3.) und Leo Karstens
(5.) gleich vier BDR-Fahrer unter die ersten Fünf fuhren, können wir durchaus
optimistisch ins WM-Rennen gehen."
Gibt es Informationen zu den
äußeren Bedingungen in Poprad?
Dittert: "Im Augenblick liegen in
Poprad zwischen fünf und 15 cm Schnee. Allerdings ist es nicht mehr ganz so kalt wie noch
vor einigen Wochen. Die Temperaturen liegen zur Zeit etwa so um fünf Grad minus. Ich
hoffe, daß gute Leistungen unserer Mannschaft da für Erwärmung sorgen können.."
In ihrer Arbeit als Straßen- und
Cross-Trainer liegt eine starke Konzentration auf dem Bereich Nachwuchs und Jugend...
Dittert: "Die Basisarbeit bedeutet für
mich vor allem, dem jungen Sportler die optimale Kombination von Sport und beruflicher
Ausbildung näherzubringen. Der Sport ist zwar schön, letztendlich versuche ich jedoch zu
vermitteln, daß die Berufsausbildung am wichtigsten ist. Wenn es dem Sportler gelingt,
beide Bereiche zu optimieren und der Dauerbelastung standzuhalten, ist mein erstes Ziel
erreicht. Als Bundestrainer hat man den Sportler nicht das ganze Jahr unter den Fittichen,
sondern nur bei wenigen Terminen im Jahr persönlichen Kontakt, das ist eine besondere
Herausforderung."
Im Sommer Straßenrennen, im Winter
Cross-Rennen, das hört sich extrem zeitaufwendig an?
Dittert: "Durch die Übernahme des
Postens als Cross-Bundestrainer bin ich jetzt nicht nur im Sommer sondern auch im Winter
jedes Wochenende unterwegs. Nachdem Frank Brückner, mit dem ich bisher eng
zusammengearbeitet habe, den Posten des MTB-Bundestrainers übernommen hat, muß ich mich
wohl nach einem neuen Assistenten umschauen..." |