Hamburg (rad-press) Um die deutschen Meistertrikots in den zwölf
Bahnradsport-Disziplinen bei Männern und Frauen, aber auch um die letzten noch zu
vergebenden Olympia-Tickets geht es am Wochenende in Hamburg bei den Deutschen
Meisterschaften im Bahnradsport. Austragungsort der Titelkämpfe, die vom Landesverband
Hamburg unter Leitung seines neuen Vorsitzenden, Rechtanwalt Hans-Jürgen Harms,
ausgerichtet werden, ist die 1994 renovierte, überdachte 250-m-Betonbahn in
Hamburg-Stellingen.
Kurzzeit Männer: Spannung im Kampf um Olympiatickets im Sprint und
Zeitfahren
Vor allem die Kurzzeit-Asse sind in Hamburg noch einmal gefordert.
Während mit Keirin-Welt- und Sprint-Vizeweltmeister Jens Fiedler (Chemnitz) und dem
zweifachen Bronzemedaillengewinner der WM im Zeitfahren und Olympischen Sprint, Stefan
Nimke (Schwerin), bereits zwei von insgesamt vier möglichen Kurzzeitathleten als sichere
Olympia-Fahrer gelten, sind sowohl im Sprint als auch im 1000-m-Zeitfahren noch spannende
Wettkämpfe um die letzten Olympia-Tickets zu erwarten.
Im Sprint steht der zweite Startplatz hinter Fiedler, der in Sydney
seine dritte Olympia-Goldmedaille in Folge nach Barcelona 1992 und Atlanta 1996 anpeilt,
zur Disposition. Heiße Anwärter auf diesen Platz sind der für den RV Dudenhofen
startende Jan van Eij-den und Eyk Pokorny vom SC Berlin. Beide konnten die geforderte Norm
in dieser Saison schon unterbieten und bewiesen mit hervorragenden Weltcup-Leistungen gute
Form. Van Eijden gewann in Moskau den Keirin-Wettbewerb und wurde Dritter im Sprint,
Pokorny siegte in Mexico-City im Sprint und belegte dort Rang zwei im Keirin.
Aber auch der "junge Vater" Jens Fiedler will seine drei
Titel vom Vorjahr (Sprint, Keirin, Olympischer Sprint) den Mitstreitern nicht kampflos
überlassen. "Jens wird bei der DM sicher in guter Form an den Start gehen",
erwartet Bundestrainer Detlef Uibel (Illmersdorf) in Hamburg hochkarätige Wettkämpfe.
"Routine gegen Jugend" heißt es in einem weiteren heißen
Duell um die Olympia-Tickets. Um den zweiten Startplatz im 1000-m-Zeitfahren hinter Stefan
Nimke streiten Sören Lausberg (31/SC Berlin) und Youngster Carsten Bergemann (21/RZ
Heidenau). Allerdings wird es nur ein Fernduell, da Lausberg, der im Frühjahr einen
Achillessehnenabriss erlitt, erst vor drei Wochen das Training wieder aufnehmen konnte und
deshalb in Hamburg noch nicht an den Start gehen wird. Er erhält von Bundestrainer Uibel
am 27. Juli in Frankfurt/Oder nachträglich die Möglichkeit, die Olympianorm zu
unterbieten. Großer DM-Favorit über den Kilometer ist für Uibel der Schweriner Stefan
Nimke, "aber wenn Carsten Bergemann in Hamburg den Meistertitel in dieser Disziplin
gewinnen könnte, wäre das im Hinblick auf eine mögliche Olympia-Nominierung für ihn
sicher ein Riesenvorteil."
Ausdauer Männer: Olympiafahrer stehen schon vor DM fest
Für die Ausdauer-Athleten von Bundestrainer Bernd Dittert (Erfurt)
bedeuten die Meisterschaften in Hamburg vor allem eine Formüberprüfung. Nach der ersten
Olympia-Qualifikation Anfang Mai in Büttgen unterbot zuletzt Mitte Juni der zweifache
Verfolgungs-Weltmeister von Berlin, Robert Bartko (SC Berlin), im Berliner Velodrom die
geforderte Normzeit ohne Probleme, so dass der siebenköpfige Olympia-Kader von Dittert
bereits vor den Meisterschaften feststeht.
Neben den Einerverfolgern, Weltmeister Bartko und Vize-Weltmeister Jens
Lehmann (Leipzig), stehen für Sydney Daniel Becke (Erfurt), Guido Fulst (Berlin),
Christian Lademann (Agro Adler Brandenburg/Berlin), Olaf Pollack (Team
Gerolsteiner/Cottbus) und Thorsten Rund (Cottbus) auf der Vorschlagsliste, die der BDR dem
Nationalen Olympischen Komitee zwecks Nominierung unterbreitet hat. Mit diesen sieben
Fahrern werden neben Einzel- und Mannschaftsverfolgung auch das Punktefahren und das
Zweier-Mannschaftsfahren besetzt.
"Die Deutschen Meisterschaften zählen nicht zu den
Nominierungskriterien für die Olympischen Spiele. Wir sehen die Titelkämpfe daher vor
allem als Möglichkeit zur Leistungs-Überprüfung und -Einordnung. Allerdings sind
aufgrund der Ausrichtung auf die Olympischen Spiele in Hamburg wohl kaum Höchstleistungen
zu erwarten", gibt sich Dittert im Hinblick auf die Titelkämpfe realistisch.
Nach den Meisterschaften wird sich der Ausdauer-Kader zur weiteren
Olympia-Vorbereitung wieder auf die Straße begeben und neben der Sachsen-Tour noch drei
weitere Rundfahrten in Frankreich, Portugal und Australien bestreiten. "Dann stehen
mit den beiden GS2-Fahrern Lademann und Pollack alle Fahrer des Kaders komplett zur
letzten Phase der Olympia-Vorbereitung zur Verfügung."
Frauen: Kampf um letztes Olympia-Ticket im Sprint
Ein spannender Kampf um das letzte Olympia-Ticket ist auch bei den
Frauen zu erwarten. Maximal drei Athletinnen kann der Bund Deutscher Radfahrer in den vier
olympischen Disziplinen Sprint, Zeitfahren, Einerverfolgung und Punktefahren an den Start
schicken.
Judith Arndt (Frankfurt/Oder), Silbermedaillengewinnerin im
Punktefahren und in der Einerverfolgung bei der WM in Berlin, ist für Sydney ebenso
gesetzt wie die WM-Dritte von 1999 im 500-m-Zeitfahren, Ulrike Weichelt (Erfurt), die ihre
gute Form in dieser Saison bereits mit einem dritten Platz beim Weltcup in Mexico-City
bewies. Judith Arndt soll in Sydney nicht nur auf der Bahn zum Einsatz kommen.
Straßen-Bundestrainer Jochen Dornbusch hat die 23-Jährige fest für das Einzelzeitfahren
auf der Straße eingeplant, wo sie schon 1997 WM-Dritte war.
Um den einzigen Startplatz im Sprint kämpfen in Hamburg Katrin Meinke
(Cottbus) und Kathrin Freitag (Frankfurt/Oder). "Beide haben bereits im Vorfeld der
Meisterschaften einen Teil der geforderten Norm erfüllt. Zudem ist ihr Leistungsniveau
etwa gleich", erwartet Bundestrainer Uibel auch hier ein spannendes Rennen.
Außenseiter-Chancen auf den Meistertitel hat, so Uibel, auch noch die junge Solveig
Rudick vom SC Berlin.
Dank der guten Ergebnisse bei den Weltmeisterschaften 1999 in Berlin
kann der Bund Deutscher Radfahrer bei den olympischen Bahn-Wettbewerben die maximal
mögliche Zahl an Startplätzen besetzen. Auf dem Programm stehen acht Disziplinen bei den
Männern und vier bei den Frauen. In den vier Frauen-Disziplinen können maximal drei
Athletinnen an den Start gehen. Für die vier Kurzzeit-Disziplinen der Männer können
vier Aktive nominiert, für die vier Ausdauer-Disziplinen der Männer sieben Athleten
benannt werden. Die Olympiateilnehmer aus dem Bereich Radsport werden durch das Nationale
Olympische Komitee in den Nominierungsrunden am 6. Juli (Mountainbike, Bahn, Straße
Frauen) sowie 3. August (Straße Männer) in Frankfurt/Main festgelegt. Die Nominierung
des zweiten Starters für das 1000-m-Zeitfahren erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt, da
Sören Lausberg aufgrund seiner Verletzung am 27. Juli in Frankfurt/Oder eine
nachträgliche Qualifikationsmöglichkeit erhält.