Seit 1982 ist Hans Krämer (Mainz)
Bundestrainer der Radballer und kann seit dieser Zeit bei den Weltmeisterschaften der
Elite-Radballer auf eine Erfolgsbilanz von sieben Gold-, sechs Silber- und zwei
Bronzemedaillen verweisen. In Böblingen, so hofft der Mainzer, wird zum Abschluss seiner
Laufbahn als Bundestrainer eine weitere hinzukommen. Dafür sollen die Deutschen Meister
Sandro und Michael Lomuscio sorgen. In einer spannenden WM-Qualifi-kation setzten sich die
Gärtringer am Ende knapp gegenüber ihren jungen Konkurrenten um das WM-Ticket, Jens
Abel/Thomas Häuser vom RV Krofdorf, durch. In Böblingen können die Lomuscios vor
"fast" heimischer Kulisse auf die tatkräftige Unterstützung ihrer Fans bauen.
Dabei hofft Krämer, dass ihnen die Nerven keinen Streich spielen. "Ihr spielerisches
Können ist unbestritten. Sie haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie in der Lage
sind, alle anderen zu schlagen. Wichtig wird sein, dass sie ihre Nervosität ablegen
können und sich vor heimischem Publikum nicht zu sehr selbst unter Druck setzen."
Österreich, die Tschechische Republik, die
Schweiz und Deutschland zählt der scheidende Bundestrainer, der selbst in den siebziger
Jahren aktiv spielte, zum engen Favoritenkreis. "Die Österreicher Marco Schallert
und Dietmar Schneider stellen gegenwärtig das kompletteste Paar in der Radball-Szene,
aber auch sie zeigten in der Vergangenheit im wichtigsten Moment häufig Nerven",
beurteilt Krämer die Österreicher. "Bei einer WM entscheidet die Tagesform",
weiß er, dass bei einem solchen Turnier jeder jeden schlagen kann. Nicht so stark wie im
Vorjahr schätzt der Bundestrainer die Schweizer ein, bei denen der amtierende Weltmeister
Peter Jiricek auf seinen Partner aus dem letzten Jahr, Christoph Hauri, verzichten muss.
"Wir fahren nicht nach Böblingen, um den anderen die Medaillen zu überlassen",
ist der Mainzer überzeugt, dass die Lomuscios, die 1996 bei ihrer ersten WM direkt
Vize-Weltmeister wurden, ebenso wie die anderen Teams gute Chancen auf die Medaillen
besitzen.
Für Krämer bedeutet Böblingen die 19. und
letzte Radball-Weltmeisterschaft als Bundestrainer. Erfreulich ist, dass der 53-jährige
Personalrat bei der Bundeswehr, der am 22. Dezember Geburtstag feiert, dem Radball als
Vereinstrainer verbunden bleibt und in dieser Funktion weiterhin für guten
Radball-Nachwuchs sorgen wird. In Mainz-Hechtsheim betreut er nicht nur das Paar
Beismann/Hess. Auch sein zweites Team Schenkenberger/Beller sorgte mit dem Aufstieg in die
erste Liga dafür, dass Krämer als Vereinstrainer auch in Zukunft alle Hände voll zu tun
hat.
Erfreulich ist auch, dass Krämer am 26.
November sein Amt in die Hände von Jürgen King legt, der selbst als aktiver Sportler
gemeinsam mit seinem Bruder Werner dreimal Weltmeister war und die Radball-Szene in- und
auswendig kennt. Schon in Böblingen ist King, der in den letzten Monaten bei allen
Lehrgängen und Länderkämpfen dabei war, als Co-Trainer im Einsatz. "Ich glaube,
jetzt ist ein guter Zeitpunkt aufzuhören. Vieles schleift sich in einer so langen Zeit
ab, da kann ein neuer Mann durchaus positive Akzente setzen und neue Wege
beschreiten", wünscht Krämer seinem Nachfolger Glück und ebenso viele Erfolge, wie
er in seiner langen Bundestrainer-Karriere selbst feiern konnte. "Das Potenzial ist
da. Gerade in den neuen Bundesländern hat sich Radball sehr gut entwickelt", sieht
Krämer gute Ansätze, bleibt jedoch auch realistisch, "es wird auch weiterhin für
die Sportler schwierig bleiben, Beruf und Sport unter einen Hut zu bekommen. Leider gibt
es im Radball nichts zu verdienen."
"Je näher der Tag x kommt, desto
mulmiger wird mir", ahnt der "Mann mit dem weichen Kern" jedoch auch, wie
sehr ihm seine Radball-Familie in der Zukunft fehlen könnte. "Man baut
in 19 Jahren so viele Beziehungen auf, das werde ich schon vermissen." Sein Wunsch
für den Abschied vom internationalen Parkett: "Der äußere Rahmen bei der WM wird
sicher stimmen, und wenn eine Medaille im Radball dazukäme, wäre das ein optimaler
Abgang."