Einstand
für Jürgen King als Radball-Bundestrainer / Neue Wege und Akzente
„Nein,
schon als Spieler war ich nie besonders nervös“, antwortet er auf die
Frage, ob er vor seiner WM-Premiere als Bundestrainer aufgeregt sei. Die Rede
ist von Jürgen King, der im vergangenen Jahr auf Hans Krämer als
Bundestrainer Radball folgte. In Kaseda-City wird der Lauterbacher, der
gemeinsam mit seinem Bruder Jürgen auf eine 24-jährige erfolgreiche Karriere
(1970 bis 1994) mit drei WM-Titeln und drei Silbermedaillen zurückblicken
kann, zum ersten Mal eine deutsche Radball-Nationalmannschaft bei einer WM
betreuen.
In
Kaseda-City gilt es, den im vergangenen Jahr gewonnen Titel zu verteidigen.
Dafür sollen die Gärtringer Sandro und Michael Lomuscio sorgen. In der
WM-Qualifikation setzten sie sich im Lauf der Saison deutlich gegenüber der
Konkurrenz durch. „Die Titelverteidigung ist möglich“, gibt sich King
zuversichtlich. „Beide verfügen über viel Erfahrung, gehören seit zehn
Jahren der internationalen Spitze an“, hofft er, das die Brüder die
„Titelverteidigerbürde“ in den Griff bekommen. „Beide haben in diesem
Jahr eine optimale Vorbereitung absolviert und seit Sommer fast täglich auf
dem Rad trainiert“, geht der 38-Jährige von besten technischen und
konditionellen Voraussetzungen aus, weiß aber auch noch aus eigener Sicht,
„natürlich spielen bei einem solchen Turnier auch Glück und Tagesform eine
große Rolle.“
Schärfster
Konkurrent in diesem Jahr ist die österreichische Kombination Marco Schallert/Dietmar
Schneider, die inzwischen auch schon einige Jahre dabei ist und nach Platz
drei (1999) und Platz zwei (2000) Titelambitionen hat. Auch die Tschechen Smid/Skotak
sind, so King, nicht zu unterschätzen, während die Schweizer in diesem Jahr
mit einem neuen Paar antreten und schwer einzuschätzen sind.
Dank
Hans Krämer, der seinen Rücktritt als Bundestrainer schon lange vorher angekündigt
hatte, hatte der BDR genug Zeit, mit Jürgen King eine der „Persönlichkeiten
des internationalen Radballs“ zu gewinnen. In den letzten eineinhalb
Amtsjahren von Krämer fungierte King bereits als Assistenztrainer, begleitete
die Mannschaften zu den Lehrgängen und betreute auch in Böblingen das
WM-Team mit.
Mit
seinem ersten Jahr als Trainer ist nicht nur der Lauterbacher sehr zufrieden,
auch bei den Sportlern, so bestätigt BDR-Vizepräsident Bodmer, kommt der
neue Trainer sehr gut an. „Sein Vorteil ist sicher, dass er altersmäßig
noch nicht so weit von den Spielern entfernt ist.“ Dass er auch leistungsmäßig
noch nicht zum alten Eisen gehört, beweist er im Training und bei den Lehrgängen,
wo er hin und wieder noch selbst aufs Rad steigt, was die Sportler regelmäßig
beeindruckt. Auch in Sachen Training geht King, der seine Karriere 1994 mit
der Goldmedaille bei der WM in Saarbrücken beendete, neue Wege. „Die Lehrgänge
finden nicht mehr nur in Frankfurt, sondern auch in Krofdorf oder Gärtringen
statt“, sorgt er häufig für lokale Abwechslung. Aber auch die
Trainingsinhalte variieren ständig: „Neben dem traditionellen Technik- und
Taktiktraining legen wir zwischendurch auch mal eine Einheit ‚Spinning‘ im
Fitnessstudio ein, oder verbringen einen Tag mit Squash oder Badminton.“
Dabei kommt auch der „Spaßfaktor“ nicht zu kurz: Vor Weihnachten ist noch
eine gemeinsame Woche Skifahren vorgesehen.
Mit
seinen Maßnahmen will er auch die Kameradschaft unter den Spielern stärken,
die im Spiel zwar gegeneinander antreten, aber zusammen die Sportart Radball
auf hohem Niveau halten sollen. Dass die Spieler bei seinen Maßnahmen
mitziehen, beweist die geringe Zahl an Absagen bei den Lehrgängen. Auch wenn
King in erster Linie für den Elite-Kader zuständig ist, gilt sein Augenmerk
auch dem U23-Bereich oder der Nachwuchsarbeit.
Neben
der aktiven Trainingsarbeit macht sich Jürgen King aber auch Gedanken um die
Strukturen des Radballs und fordert in diesem Zusammenhang ein Umdenken bei
den Veranstaltern. „Guter Sport und ein attraktives Rahmenprogramm für die
Zuschauer sind doch heute das Grundrezept für erfolgreiche
Sportveranstaltungen. Man müsste die Bundesliga-Spieltage noch
professioneller gestalten und stärker auf die Wünsche des Publikums
eingehen.“ Auch Regeländerungen, wie zum Beispiel die Einführung des
KO-Systems bei der WM befürwortet er: „Ein spannender Turnierverlauf genießt
absolute Priorität, und da ist es optimal, wenn das letzte Spiel
entscheidet."
„Vieles schleift sich in einer so langen Zeit
ab, da kann ein neuer Mann durchaus positive Akzente setzen und neue Wege
beschreiten“, wünschte Krämer seinem Nachfolger vor knapp einem Jahr Glück
und ebenso viele Erfolge, wie er in seiner langen Bundestrainer-Karriere
selbst feiern konnte. Neue Akzente hat Bundestrainer King schon im ersten
Amtsjahr gesetzt, bleibt zu wünschen, dass sich diese bei der WM in Japan
auch in Erfolge ummünzen lassen.
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