Während andere Vereine mit große Festivitäten und Buffets ihre Jahrestage und Erfolge feiern und durch viele Reden sich selbst beweihräuchern, fuhren anlässlich des 30. Geburtstages der RVDÄ über zwanzig junge wie auch jung gebliebene Mitgliederinnen und Mitglieder, Gründungsmitglieder des RVDÄ, der Ehrenvorsitzende und der Vereinsvorsitzende sowie andere Vorstandsmitglieder nach Aurel am Fuße des legendären Mont Ventoux, um von hier aus mit ihren Rädern die einzigartige Natur, die Sehenswürdigkeiten und den zeitlosen Charme der Städte und Dörfer vor allem des französischen Départements Vaucluse in der Provence zu erfahren.
Aus dem nahezu unerschöpflichen Angebot an Straßen, Wegen und ausgeschilderten Rundstrecken mit den verschiedensten Schwierigkeitsgraden wurde ein für alle Teilnehmer angemessenes Tourenprogramm in der Region um den Mt. Ventoux ausgewählt. Natürlich war es ein Ziel dieser Tour, den „Riesen der Provence“ zu erklimmen. Einzig und alleine der Mistral (Def. s. Wikipedia), der vor allem über das Wochenende vom 19.06 zum 20.06. wie auch an dem darauf folgenden Montag sein Unwesen trieb, zögerte dieses Vorhaben einige Tage hinaus. Jedoch hinderte er nicht einige Unentwegte, trotz der einströmenden kalten Polarluft mit Windgeschwindigkeiten von durchschnittlich 50 – 75 km/h an diesen drei Tagen die Höhen und Tiefen der reizvollen Bergketten der Provenzalischen Voralpen zu befahren. Vor allem die teilweise rasanten Abfahrten ließen die Touren an diesen Tagen für alle Fahrerinnen und Fahrer zu einem gewagten Unternehmen werden. Doch spricht es für die Vernunft und das Können aller Teilnehmer, dass es hierbei zu keinem Unfall kam. Manch einer von uns definiert Wind seit diesen Tagen anders als gewohnt. Auf diese Art und Weise härteerprobt wollte dann ein Großteil aller Teilnehmer am Dienstag bei endlich tollem Wetter den „heiligen Berg“ erklimmen. Hierzu wählte man den schwersten der drei Anstiege. Von Bédoin im Südwesten des Mt. Ventoux kommend, überwanden sie auf rund 21 km mit mehr als 1.600 Höhenmetern bei einer durchschnittlichen Steigung von 7,6 Prozent den Berg. Neben der schweren und langen Steigung ist der Mont Ventoux bei vielen Radfahrern vor allem wegen seiner kahlen Kuppe gefürchtet. Auf dem berühmt und berüchtigten „Col des Tempêtes“ (Sattel der Stürme), an dem die Straße auf dem Grat bis zum Gipfel verläuft, herrscht im Sommer eine große Hitze mit starken Winden vor. Vielen Radamateuren wird der Berg zum Verhängnis. Jährlich sterben nach Angaben der örtlichen Behörden ca. 10 bis 20 der sich am Berg versuchenden Sportler durch Überforderung oder Unfälle. Der Vernunft folgend fuhren darum nur einige Teilnehmer bis zum Gipfel, während andere am Chalet Reynard (noch 6 km bis zum Gipfel) die Ruhepause nutzend sich bereits der chévre chaud, dem gemeinen französische Blaubeertörtchen, und der Französischen Getränke hingaben. Doch einzig und allein Thomas Röhling kann sich mit Recht den Titel „LES FOU DU MT. VENTOUX“ anheften. Am frühen Morgen gestartet, erklomm er alle drei Anstiege des Ventosus, dem Windumbrausten, in fast identischen Zeiten von jeweils 1 Stunde und rund 45 Minuten. Chapeau !!!! Auch die RVDÄ wusste die Leistung mit einer Flasche Rotwein der Region zu würdigen. Der darauf folgende Tag bot allen Pedaleuren eine besondere touristische Attraktion. Die Tour führte nach Roussillon, einer südfranzösischen Gemeinde im Departement Vaucluse. Die Kleinstadt mit ihren etwa 1.300 Einwohnern liegt am Fuße des Luberon-Massivs und ist als eines der Plus beaux villages de France (schönste Dörfer Frankreichs) klassifiziert. Bekannt ist dieser Ort vor allem durch seine ockerhaltige, rote Erde, die als Rohstoff zur Herstellung von Farben verwendet wird. Hier bauten bereits die Römer, die das Dorf vicus russulus (rotes Dorf) nannten, Ocker ab. Roussillon war bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts Zentrum des Ockerabbaues, der bis 1930 noch betrieben wurde. Heute existiert nur noch eine Farbenmühle zur Besichtigung (Ancienne Usine Mathieu). Ferner liegt am Ortsrand der Sentier des Ocres, der Ockerlehrpfad. Die Weinberge im Umland von Roussillon gehören zur Appellation Cotes du Ventoux. Der Tourismus mit jährlich mehr als 120.000 Besuchern bestimmt heute das Leben der Gemeinde. War die Fahrt nach Roussillon im wesentlich durch Abfahrten geprägt, forderte das Luberon-Massiv auf der Rückfahrt einen Tag nach dem Mt. Ventoux noch einmal mit seinen schweren Anstiegen alle Kraftreserven. Seit Freitag hatten die meisten TeilnehmerInnen bereits rund 390 km mit rund 6.300 Höhenmetern in den Beinen. Am Mittwochabend konnten wir voller voller Stolz resümieren, dass an 6 Tagen von vielen Teilnehmern rund 480 km mit 7.680 Höhenmetern bei z.T. schwierigen Witterungsverhältnissen bewältigt wurden. Hierfür gebührt allen Teilnehmern unsere volle Anerkennung. Und ein Jeder kam auf seine Kosten oder konnte seine Leidenschaften ausleben - ob der touristisch Interessierte, der mehr oder weniger sportlich Ambitionierte wie auch der wettbewerbsorientierte Fahrer.
Nach einem abwechslungsreichen Tag mit dem Fahrrad oder einer individuellen Ruhepause, die Frau oder Mann sich nach Tagen des anstrengenden Bergauf und Bergab einmal gönnten, wurden wir Tag für Tag abends durch eine gutbürgerliche Küche mit Gerichten aus frischen und regionalen, der
Jahreszeit entsprechenden Köstlichkeiten verwöhnt. Die vielen hungrigen Mäuler aller Gäste, und das waren bei weitem nicht nur die verrückten deutschen Radfahrer, zu stopfen, war Tag für Tag eine Meisterleistung. Umso mehr, als es dem Wirt gelang, die Freude und Spannung auf das Abendessen täglich neu zu schüren. Mit einem oder auch mehreren Gläsern Wein der Region im freundschaftlichen Gedankenaustausch vertieft, ließen wir meist die Abende ausklingen. Aber da gab es auch noch etwas anderes. War der gemeinsame Fußballabend anlässlich des WM-Spieles Deutschland gegen Ghana für die einen ein besonders wichtiges Erlebnis, war wiederum für andere der sich überraschend entwickelnde Liederabend mit Hans Peter an der Gitarre, an dem auch die ersten Tourenbilder per Computer gezeigt wurden, ein großes Highlight. Manch einer offenbarte hier seine großen gesanglichen Talente. Der große Erfolg dieses Abends inspirierte uns, diesen Liederabend an unserem letzten gemeinsamen Abend zu wiederholen. Eine schöne und erlebnisreiche, wenn auch anstrengende Woche ging zu Ende. Wir haben allen Teilnehmern hierfür zu danken. Abschließend ist der Dank an Martin Engbarth nicht zu vergessen, welcher in mühevoller Kleinarbeit die vielen Fotografien der Teilnehmer sammelte, auswertete und hieraus über ein Bildbearbeitungssystem eine, wie ich finde, sehr schöne und beeindruckenden Diashow produzierte und jedem Teilnehmer auf einer CD zusandte. Eine wunderschöne Reminiszenz an diese tollen Tage. Danke!
Dr. J. A. Heinrich
Pressewart
PS: Aus der großen Anzahl an Fotografien steht eine umfangreiche Auswahl an Bildern auf http://www.rvdae.de/fotos---impressionen/index.html (Link zur Homepage) zur Verfügung