Berlin (dpa) - Der Sportausschuss des Deutschen Bundestages hat den Armstrong-Jäger Travis Tygart als Stargast eingeladen - selten fand die Arbeit der Mitglieder dieses Gremiums soviel öffentliche Beachtung.
Der smarte Chef der US-Anti-Doping-Agentur USADA berichtete von seinen Erfahrungen im Dopingfall Lance Armstrong und sicherte dem deutschen Anti-Dopingkampf weitere Unterstützung zu. «Wir freuen uns, Ihnen unsere Hilfe für die Zukunft zu bestätigen», sagte Tygart in Berlin vor Abgeordneten sowie Vertretern der deutschen Anti-Doping-Agentur NADA. Die Pressetribüne im Paul-Löbe-Haus war heillos überfüllt.
Der 41-jährige USADA-Chef, der das Dopingsystem Lance Armstrong konsequent aufgedeckt und seine Arbeit trotz Morddrohungen gegen sich und seine Familie fortgesetzt hatte, forderte ein effektiveres weltweites Kontrollsystem. Es müsse noch mehr Tests unabhängiger Organisationen außerhalb der Wettkämpfe geben. Neue Dopingmittel müssten durch eine verbesserte Forschung schneller nachweisbar sein. Tygart empfindet sich als «Anwalt der Opfer».
Bei seinen Ermittlungen konnte er nicht auf Hilfe staatlicher Stellen in den USA setzen, die das Verfahren gegen Armstrong Anfang 2012 überraschend eingestellt hatten. Dann übernahm Tygart das Kommando. Schon seit 2010 hatte er gegen den einstigen Seriensieger ermittelt, seine Aktivitäten aber wegen der staatlichen Nachforschungen auf Eis gelegt. «Es wurden keine Dokumente an uns weitergegeben», sagte der US-Anwalt, der vor seinem Jura-Studium Philosophie studiert hatte. Die Kooperation mit dem umstrittenen Welt-Radsportverband UCI stellte er schnell ein, nachdem «Testergebisse nicht weitergegeben wurden».
«Wir wollen die heutigen Athleten für einen sauberen morgigen Sport schützen», sagte Tygart weiter. Die erfolgreichen Ermittlungen gegen den lebenslang gesperrten Megastar Armstrong und seine Team-Helfer Tyler Hamilton und Floyd Landis hätten gezeigt, dass der Kampf gegen Doping nicht aussichtslos sei. Hinsichtlich Ländern mit unprofessionelleren Anti-Dopingsystemen - etwa China und Jamaika - sagte Tygart: «Athleten in diesen Ländern verdienen ein funktionierendes System».
Während die USADA jährlich 13,7 Millionen US-Dollar im Anti-Dopingkampf verwenden kann, hat die NADA rund 6,4 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Die Anzahl der Dopingkontrollen müsse sicherlich erhöht werden, sagte Tygart. In den USA gibt es rund 8200 Dopingtests, in Deutschland 13 000 Tests.
Die NADA-Vorsitzende Andrea Gotzmann forderte, auch beteiligte Mediziner zu bestrafen. «Das mafiöse System Armstrong» habe gezeigt, wie sehr Mediziner in dem Fall involviert waren. Das Abschreckungspotenzial sei zu gering. Der ebenfalls vom Sportausschuss eingeladene BGB-Richter Dieter Maihold forderte die Einrichtung einer großen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft in Deutschland.