Biebertal (rad-net) - Jochen Käß hat bei der Marathon-DM im hessischen Biebertal seinen Titel verteidigt. Käß gewann nach knapp 108 Kilometer vor Cross-Country-Meister Moritz Milatz und Wolfram Kurschat. Bei den Damen wurde Sabine Spitz ihrer Favoritenstellung gerecht und siegte nach 86 Kilometern vor
Birgit Söllner und Ivonne Kraft.
Bei den Herren entschied sich das Rennen als Wolfram Kurschat aus der verbliebenen fünfköpfigen Spitzengruppe nach gut 70 Kilometern das Tempo zum
Dünsberg hinauf anzog. Nur Moritz Milatz (Freiburg) und Jochen Käß (Rangendingen-Bietenhausen) konnten folgen. Der überraschend starke Matthias Leisling aus Burghausen setzte sich an die vierte Position, Mitfavorit Karl Platt («ich hatte nicht mehr die Topform») folgte auf Rang fünf, während René Tann schon zuvor das Tempo nicht mehr mitgehen konnte und später noch von Stefan Sahm (Krättigen, CH) überholt wurde. Sahm («schade, die Beine waren okay») war in der ersten von zwei Runden durch einen Defekt aus der Spitzengruppe zurück gefallen.
So ging das Trio auf die letzten 30 Kilometer. Keiner konnte sich einen Vorteil verschaffen. Kurschat schien am Berg der Stärkste zu sein, verlor aber in den technischen Passagen seinen Vorteil wieder. Kurschat schwanden gegen Ende aber mehr und mehr die Kräfte, so dass an einem leichten Anstieg wenige Kilometer vor dem Ziel eine Vorentscheidung fiel. «Mein Akku war leer. Im letzten Singletrail bin ich komplett eingegangen. Aber Bronze ist doch okay», kommentierte Kurschat. Die beiden Multivan-Merida-Teamkollegen Käß und Milatz zogen durch und als Käß unweit des Ziels eine Attacke lancierte und Milatz nicht mehr mit letzter Konsequenz dagegen hielt.
«Bei Kurschats erstem Angriff war mir das zu schnell. Ich habe entschieden mein Tempo durchzufahren und die Taktik hat sich ausgezahlt. Wolfram haben wir in den Abfahrten immer wieder eingeholt. Als wir an einem langen Zieher sahen,
dass Wolfram ein paar Meter Rückstand hatte, haben wir durchgezogen», sagte
Jochen Käß, der zum dritten Mal den Titel eines Deutschen Marathon-Meisters eroberte und damit auch die Reihenfolge bei der Cross-Country-DM im Juli umdrehte. Er siegte in 4:25:53 Stunden mit 0,8 Sekunden Vorsprung auf Milatz und 37,2 Sekunden vor Kurschat. Milatz war nicht traurig seinen zweiten Titel in dieser Saison verpasst zu haben. „Nicht schlecht für einen Cross-Country-Fahrer»,
meinte Milatz, der in diesem Jahr noch nie vier Stunden Wettkampf bestritten hatte. «Am Anfang war ich nicht so motiviert. Aber als das Tempo zum ersten Mal angezogen wurde, konnte ich mitgehen und am Schluss hat es richtig Spaß gemacht. Das ist ein super Saisonabschluss», meinte er.
Mitfavorit Hannes Genze (Sindelfingen) verzeichnete einen Defekt und einen Sturz und gab auf. Manuel Fumic (Kirchheim/T.) erlitt ebenfalls einen Defekt,
nachdem er den Anschluss bereits verloren hatte und gab auf.
Sabine Spitz (Murg-Niederhof) zeigte am südlichen Rand des Westerwalds eine souveräne Vorstellung. Beim ersten Anstieg hinauf zum Dünsberg setzte sie sich mit Elisabeth Brandau (Schönaich) und Birgit Söllner (Nürnberg) von Ivonne Kraft (Gaggenau) ab, die mit ihrer Schaltung Probleme hatte. Söllner hatte dann einen Kettenklemmer, so dass Brandau und Spitz nach 25 Kilometern einen Vorsprung von 40 Sekunden aufwiesen. Doch Brandau konnte das Tempo von Spitz nicht mitgehen. «Elisabeth konnte die Geschwindigkeit nicht halten, sodass Birgit uns wieder eingeholt hat. Dann sind wir eine Zeit lang nur so dahin gerollt», schilderte Sabine Spitz diese Phase, die etwa bis Kilometer 60 andauerte. Dann ging es in eine flache Singletrailpassage. Die nutzte die Olympiasiegerin zur Attacke. «Ich habe angegriffen und es hat sich eine Lücke aufgetan. Ich muss sagen, ich bin schon überrascht, dass die Form noch so gut ist. Ich habe in den letzten Wochen kaum richtig trainiert», erklärte Sabine Spitz, die den Rest in souveräner Manier zu Ende brachte und ihren zwölften Deutschen Meistertitel, der dritte im Marathon, unter Dach und Fach brachte.
«Für’s Zählen ist mein Mann Ralf zuständig», grinste sie, «aber es hat sich gelohnt, dass ich hierher gekommen bin, auch unabhängig vom Sieg. Der Veranstalter hat sich sehr bemüht, ist unseren Anregungen für den Wettkampf entgegen gekommen und es ist eine sehr schöne Strecke, die Spaß macht.» Birgit Söllner, die ihre Wettkampfeinsätze etwa 50-zu-50 zwischen Straßenrennen und
Mountainbike-Marathons aufteilt, kamen die vielen technischen Passagen nicht entgegen. «Ich kann mit einer Sabine Spitz in diesen Passagen natürlich nicht mithalten. Silber ist mehr als ich erhofft hatte und zu glauben, ich könnte Sabine schlagen, wäre unrealistisch gewesen», erklärte Söllner.
Elisabeth Brandau wurde indes zwei Kilometer vor dem Ziel noch von Ivonne Kraft überholt. «Ich habe starke Krämpfe bekommen. Schade, aber die Mädels die vorne sind, haben es verdient», zeigte sie sich als faire Verliererin. Ivonne Kraft lamentierte über ihre Schaltung, zeigte aber wieder einmal ihre Kämpferqualitäten. «Ich konnte nicht mehr aufs kleine Blatt schalten und gegen Ende bin ich immer kurz runter gesprungen und habe es von Hand gemacht», so die 40-Jährige.
Ergebnisse Damen:
1. Sabine Spitz (Murg-Niederhof) 4:16:49
2. Birgit Söllner (Nürnberg) 4:18:08
3. Ivonne Kraft (Gaggenau) 4:28:41
4. Elisabeth Brandau (Schönaich) 4:29:46
5. Katrin Schwing (Mosbach) 4:33:38
6. Hanna Klein (Freiburg) 4:36:42
Ergebnisse Herren:
1. Jochen Käß (Bietenhausen) 4:25:53
2. Moritz Milatz (Freiburg) 4:25:54
3. Wolfram Kurschat (Neustadt/W.) 4:26:31
4. Matthias Leisling (Burghausen) 4:29:51
5. Karl Platt (Osthofen) 4:30:57
6. Stefan Sahm (Krattigen, CH) 4:33:00