Bonn (rad-net) - Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus hat nicht nur auf die sportlichen und sozialen Maßnahmen Einfluss, sondern nun auch auf die Arbeit der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA) sowie der Welt Anti-Doping Agentur (WADA). Die Agenturen teilten auf Nachfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und der Deutschen Presseagentur (dpa) mit, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus nun auch massive Einschränkungen der Dopingtests bedeuten.
Durch die Absage aller Sportevents haben die Wettkampfkontrollen bereits ihren Nullpunkt erreicht, doch nun sollen auch die Trainingskontrollen der NADA eingeschränkt werden. «Das Doping-Kontrollsystem wird zurückgefahren. Die Gesundheit aller steht im Vordergrund», so NADA-Vorstand Lars Mortsiefer gegenüber der FAZ.
Konzentrieren werde man sich nun besonders auf die Gruppe der potentiellen Olympia-Kandidaten für Tokio 2020, versicherte NADA-Chefin Andrea Gotzmann. Insgesamt glaube sie aber nicht daran, dass die Sportler den Engpass der Kontrollen ausnutzen würden. «Ich glaube, dass wir in der augenblicklichen Situation diese Art von Schummeleien wenig erleben werden. Gerade, weil es um massive gesundheitliche Probleme gehen kann», spekulierte Gotzmann gegenüber der dpa.
Doch Anti-Doping-Experten warnen genau vor diesen Fällen. Die FAZ berichtete davon, dass professionelles Doping bis zu ein halbes Jahr vor den Wettkämpfen geschehe und damit zum Höhepunkt der Saison nicht mehr nachzuweisen sei. Deshalb seien besonders die Trainingskontrollen nicht zu vernachlässigen, da Lücken im Kontrollsystem vor Olympia nicht mehr aufzufangen seien.
Aus diesem Grund hat sich nun auch die WADA dazu entschieden, den Schwerpunkt der verfügbaren Kontrollen auf die olympischen Athleten zu legen, um die Integrität der Doping-Kontrollprogramme zu wahren. «Die WADA überwacht das wichtige Gleichgewicht der Testaktivitäten in allen von Covid-19 betroffenen Regionen genau, um mögliche Kontrolllücken zu ermitteln und möglichst zu beheben», erklärte die WADA auf Anfrage der dpa.
Trotz großer Bemühungen aller Anti-Doping-Agenturen dürfte die flächendeckende Überbrückung des Engpasses jedoch problematisch werden. Nachdem bereits die Analyselabore in Barcelona, Madrid, Italien und Montreal geschlossen wurden, können auch Kontrolleure aufgrund der Grenzschließungen nicht mehr ins Ausland reisen. Zusätzlich werden Ärzte, die normalerweise Blutuntersuchungen von Athleten durchführen, derzeitig in der medizinischen Versorgung anderer Patienten benötigt. «Es fehlen Kapazitäten. Die allgemeine Situation ist weltweit äußerst schwierig und kritisch», weiß Gotzmann.
Insgesamt 6000 Kontrollen sind nun bis zum 9. August geplant und von der International Testing Agency beauftragt worden, was laut IOC-Präsident Thomas Bach das «bisher umfangreichste Programm» für Sommerspiele sei. Doch ob dieses Anti-Doping-Programm die Kontrollausfälle aufgrund des Coronavirus auffangen kann, steht noch in den Sternen.
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