Koblenz (rad-net) - Für den sicheren Neustart der Radsportsaison 2020 hat der Weltradsportverband UCI Regeln auferlegt, damit das Risiko einer Infektion mit dem Coronvirus möglichst gering gehalten wird. Dazu gehört auch, dass sie die Radsportler und Teams vor jedem Rennen auf eine Corona-Infektion testen lassen müssen. Solche Tests werden in Deutschland unter anderem im «Labor Koblenz» durchgeführt.
Leiter des Labors ist Rüdiger Walscheid, Vater des NTT-Profis Maximilian Walscheid, gemeinsam mit Axel Thuy. Walscheid und seine Kollegen erwarten in diesen Tagen regelmäßig verschiedene Teams und Radsportler. Nachdem über Sohn Maximilian erste Kontakte mit dem südafrikanischen WorldTour-Team NTT sowie dem deutschen Continental-Team Lotto-Kern Haus zustande kamen, hat es sich inzwischen in der Radsportwelt herumgesprochen, dass im «Labor Koblenz» Coronatests schnell und gründlich durchgeführt sowie analysiert werden. Zu den Kunden gehören inzwischen auch die beiden deutschen Frauen-Profiteams Canyon-Sram und Ceratizit-WNT, Israel Start-Up Nation, Bike Aid, einige Fahrer von Trek-Segafredo und auch der Bund Deutscher Radfahrer (BDR).
Teilweise werden die Tests vor Ort durchgeführt, teilweise eingeschickt. So erzählt Walscheid vom Team Ceratizit-WNT, das vor der Eröffnung der WorldTour-Saison bei Strade Bianche Proben seiner Fahrerinnen genommen hat und diese wurde schließlich eigenhändig im ICE ins «Labor Koblenz» gebracht, um sie untersuchen zu lassen. Auch Max Walscheid bringt regelmäßig Proben seiner NTT-Teamkollegen vorbei.
Am vergangenen Mittwoch kam beispielsweise die deutsche U23-Nationalmannschaft mit Johannes Adamietz, Jakob Geßner, Miguel Heidemann, Henrik Pakalski, Jannis Peter, Dominik Röber sowie Bundestrainer Ralf Grabsch nach Koblenz, um sich vor der Abreise zur Tour de l'Ain (UCI 2.1) in Frankreich, auf Corona testen zu lassen. «Echt unangenehm», meinte der Deutsche U23-Zeitfahrmeister Heidemann nach dem Nasen-Abstrich. Aber es lohnte sich - die Tests waren alle negativ.
Dass so viele Radsportler und Teams die Dienste des «Labor Koblenz» in Anspruch nehmen, macht Rüdiger Walscheid auch stolz. «Für die Mitarbeiter, ohne die das alles nicht möglich wäre, ist auch eine Ehre, die Radsportler zu betreuen. Wir machen seit 25 Jahren Spezialuntersuchungen und haben immer von 8 bis 17 Uhr gearbeitet. Seit Corona sind es in Schichten 16 Stunden pro Tag, zwischenzeitlich waren es sogar 24 Stunden. Es ist eine Herausforderung, aber wir engagieren uns gerne, um das hinzubekommen», blickt Walscheid auf den Arbeitseinsatz während der Corona-Pandemie, der natürlich nicht nur Tests für Radsportler umfasst, sondern auch für Kliniken, Altersheime und so weiter.
Innerhalb von 24 Stunden liegt ein Testergebnis vor, oft sogar bereits nach zwölf Stunden. Und zu Recht nicht ganz ohne Stolz weist Walscheid auf die Qualität der Tests und Ergebnisse hin. Das ist ein wichtiger Baustein, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern und den Radsport am Laufen zu halten.
Walscheid ist selbst begeisterter Radsportler. «Ich habe 1965 auf der Nordschleife gesehen, wie Rudi Altig Weltmeister wurde und fahre Rennrad. Früher habe ich selbst oft am Streckenrand gestanden und das sind immer wieder schöne Erinnerungen», sagt Walscheid. Entsprechend war ihm schnell klar, dass er sich für den Radsport engagieren will. «Vor zehn Jahren haben wir mit Leistungsdiagnostiken begonnen, zunächst mit Triathleten, dann mit Radsportlern. Einer der ersten Kunden war das Team Lotto-Kern Haus», beschreibt er die Entwicklung. Bei Kuota-Lotto, wie die Mannschaft 2015 hieß, fuhr Sohn Max, nachdem er drei Jahre bei Stölting unter Vertrag war und ehe er den Schritt bei Giant-Alpecin in die WorldTour schaffte.
Für Walscheid und seine Kollegen ist es aber nicht nur wichtig, die Tests auszuwerten, sondern man wolle den Radsportlern und ihrem Umfeld auch die Angst nehmen und aufklären. «Für uns als Dienstleister gehört selbstverständlich Aufklärung dazu. Wir waren überrascht, wie viele Fragen an uns herangetragen wurden», sagt Walscheid. Die kamen dabei nicht nur von den Sportlern selbst, sondern teilweise auch von den Teamärzten. «Vielen war gar nicht klar, wie so ein Test eigentlich funktioniert.»
Dazu kommt die Sorge über falsch positive Tests. «Sollte es einen positiven Test geben, wird das überprüft. Ein falscher Test heißt im Extremfall, dass ein Rennfahrer bei einem Rennen nicht starten kann und er noch mehr von der sowieso schon kurzen Saison verpasst», weiß Walscheid. Deshalb schaue man lieber - auf eigene Kosten des «Labor Koblenz» - noch einmal genau hin. Und Walscheid beruhigt: «Falsche Tests kann man heute besser vermeiden als noch vor vier Monaten. Wir lernen jeden Tag hinzu und haben uns in zwei bis drei Monaten ein Wissen angeeignet, welches wir sonst in zwei bis drei Jahren erlangen.»
Rüdiger Walscheid wird auch mit dem Bund Deutscher Radfahrer zur Straßen-Europameisterschaft Ende August im französischen Plouay reisen, um dort mit einem portablen Testsystem für die Nationalfahrer entsprechende Coronatests durchzuführen. Es sei sinnvoll, das Zeitintervall zwischen Test und Rennstart möglichst kurz zu halten, damit das Peloton coronafrei bleibt. «Mit vernünftigen Vorkehrungen ist es auch im Radsport händelbar und ich hoffe, dass alles gut über die Bühne geht. Es wäre sehr unerfreulich, wenn da etwas passieren würde und der Radsport wieder stillsteht. Wir hoffen, einen Beitrag dazu leisten zu können», so Walscheid.
Liveticker: Aktuelle Informationen zum Coronavirus aus dem Radsport