Silvaplana (rad-net) - Esther Süss und Kristian Hynek haben die erste Etappe des Vaude Engadin Bike Giro gewonnen. Die Schweizer Ex-Marathon-Weltmeisterin setzte sich vor Adelheid Morath und Sabine Spitz durch, die das Gelbe Leaderjersey an ihre deutsche Landsfrau abgeben musste. Bei den Herren war der Tscheche von Simon Stiebjahn und Jochen Käß nicht zu halten und feierte nach dem Prolog in Silvaplana seinen zweiten Etappensieg.
Kristian Hynek (Canyon-Topeak) stellte auf den 79,9 Kilometern 2446 Höhenmetern seine Kletterqualitäten eindrucksvoll unter Beweis. Als nach knapp 50 Kilometern eine achtköpfige Gruppe in den steilen, etwa sechs Kilometer langen Anstieg hinein fuhr, war rasch klar, dass der Tscheche eine Klasse für sich darstellte.
Die Kletterpartie, bei der rund 750 Höhenmeter überwunden werden mussten und die nach einer Zwischenabfahrt an der Corviglia Bergstation endete, war das ideale Terrain für Kristian Hynek. «Er ist am Anstieg gefahren wie von einem anderen Planeten», sollte Jochen Käß (Centurion-Vaude) später sagen. Er, Simon Stiebjahn (Team Bulls) und Adrien Chenaux (Papival Bergamont) bildeten ein Verfolgertrio. Als es in den oberen Passagen etwas «verblockter» wurde, konnte sich Käß etwas absetzen und geschätzte 20 Sekunden Vorsprung auf die beiden Kontrahenten heraus fahren.
Wie viel Vorsprung Hynek am höchsten Punkt (2500m) hatte, konnte Käß nur mutmaßen, nachdem er vorher in Sichtweite mal gestoppt hatte – und auf zwei Minuten Abstand gekommen war. Vermutlich aber verlor Hynek im Downhill nach Salastrains keine Zeit, eher im Gegenteil. Käß wurde von Simon Stiebjahn wieder eingeholt, so dass die beiden Deutschen das Verfolgerduo bildeten. Im Tal kamen sie mit 3:16 Minuten Differenz auf Hynek an. «Gestern habe ich im Zeitfahren im gleichen Abschnitt noch 40 Sekunden gut gemacht, heute offenbar gar nichts», registrierte Jochen Käß.
Den kürzeren Anstieg zur Alp Suvretta nutzte Hynek noch mal um sich zu konsolidieren und in Silvaplana konnte er im Ziel schließlich 3:42 Minuten lang warten, ehe ihm Simon Stiebjahn zum zweiten Etappensieg gratulieren konnte. Stiebjahn und Käß kamen gemeinsam in Richtung Ziel, im Kampf um den zweiten Tagesrang setzte sich dann aber Stiebjahn mit zwei Sekunden Vorsprung gegen Käß durch.
Der verbesserte sich dadurch an Fabian Giger (Kross Racing) vorbei von Gesamtrang drei auf zwei, mit genau vier Minuten Differenz auf Hynek. Auf Position drei liegt Simon Stiebjahn mit 4:16 Minuten Rückstand.
Hinter den beiden Deutschen fuhr Martin Fanger (Price Bikes/Bikeinlove) mit 4:25 Minuten Rückstand auf Platz vier ins Ziel, zehn Sekunden vor Thomas Litscher (jb Brunex-Felt), der in der Gesamtwertung aber hinter Fanger und Adrien Chenaux (Papival Bergamont, +4:39) Sechster ist.
Damen: Esther Süss mit schöner Frequenz
Bei den Damen war Esther Süss (BikErich) am zweiten Tag die stärkste Fahrerin. Am Freitag hatte sie auf dem Prolog aufgrund von Atemproblemen in der Höhenluft des Engadin mit 4:40 Minuten ungewöhnlich viel Zeit auf Sabine Spitz (Wiawis Bikes) verloren.
Am oben beschriebenen Anstieg hatte Adelheid Morath einen marginalen Vorsprung von «zehn bis 20 Metern», wie es Sabine Spitz schilderte. Vor ihr und Esther Süss. Nach der kurzen Zwischenabfahrt zur Celerina Marguns war das Trio wieder zusammen. Doch den folgenden Anstieg, nicht lang, aber sehr steil, konnte Esther Süss «mit einer schönen Frequenz» (Spitz) nutzen, um ihren beiden deutschen Konkurrentinnen davon zu fahren.
Morath hatte am höchsten Punkt nicht all zu viel Rückstand, doch nach der Abfahrt vom Corviglia waren es 28 Sekunden. Spitz hatte 1:27 Minuten Abstand.
Esther Süss war in der Lage ihren Vorsprung bis ins Ziel weiter auszubauen. Schließlich waren es 1:34 Minuten, die die Schweizerin gegenüber Adelheid Morath ins Ziel brachte und damit einen klaren Etappensieg feiern durfte.
Adelheid Morath durfte indes nur sechs Wochen nach ihrem Schlüsselbeinbruch ins Gelbe Trikot schlüpfen, weil sie der Prologsiegerin Sabine Spitz 2:16 Minuten abnehmen konnte. Die Deutsche Marathon-Meisterin kam mit 3:50 Minuten Verspätung als Tages-Dritte ins Ziel und geht mit 1:25 Minuten Rückstand auf die Schluss-Etappe, die über 62,8 Kilometer und 2033 Höhenmeter eine weitere anspruchsvolle Aufgabe ist.
«Ich bin am Donnerstag angereist. Gestern ging es noch, aber heute habe ich die Höhenluft gemerkt», konstatierte Spitz. «Mal abwarten wie es morgen wird. Die letzte Etappe wird ganz schön kernig.»