Madrid (dpa) - Schier endlose 2534 Tagen hat es gedauert. Wenn Richterin Julia Patricia Santamaría am Dienstag in Madrid ihr Urteil im Skandal um Dopingarzt Eufemiano Fuentes spricht, findet einer der spektakulärsten Dopingskandale der Sportgeschichte zumindest juristisch ein Ende.
Doch ein Schuldspruch, der sich vermutlich maximal im Bereich einer Haftstrafe auf Bewährung belaufen wird, dürfte für viele Experten genauso unbefriedigend wie die Tatsache sein, dass die genaue Kundenliste von Fuentes bis heute nur bruchstückhaft entschlüsselt worden ist.
Am 23. Mai 2006 war einst die Operación Puerto mit der Durchsuchung mehrerer Gebäude in Madrid und Saragossa angelaufen. Rund 200 Beutel mit Blutkonserven sowie Apparate für Blutdoping, umfangreiche Karteien und Aufzeichnungen wurden von den Fahndern sichergestellt. Es gab Festnahmen von Fuentes, Laborbesitzer José Luis Merino Batres, den Rennstallmanagern Manuel Saiz und Ignacio Labarta sowie des Ex-Radsportlers Alberto León. Mehrmals wurden Verfahren eingeleitet und ergebnislos wieder eingestellt. Einige prominente Radsportler wie Jan Ullrich und Ivan Basso wurden enttarnt, doch viele Athleten kamen - gewollt oder ungewollt - unbeschadet davon.
Im Zentrum der ganzen Angelegenheit stand Fuentes. Angesichts eines möglichen Schuldspruchs hatte der Mediziner zuletzt noch versucht, durch eine Kooperation mit der spanischen Anti-Doping-Agentur AEA die Einstellung des Verfahrens im Madrider Dopingprozess zu erwirken. Nach dpa-Informationen war Fuentes vor wenigen Wochen zusammen mit seinem Anwalt sowie dem früheren Vereinspräsidenten des Fußball-Erstligisten Real Sociedad San Sebastián, Iñaki Badiola, bei der AEA-Direktorin Ana Muñoz vorstellig. Mit einem Deal wollte er einen möglichen Schuldspruch am Dienstag abwenden. Muñoz lehnte das Angebot allerdings ab.
Fuentes hatte im Büro von Muñoz seine Expertise rund ums Doping angeboten. Im Gegenzug sollte die Anti-Doping-Agentur sich für ihn einsetzen und die Einstellung des Verfahrens ermöglichen. «Wenn sie meinen, ich sei nützlich und mich darum bitten, würde ich darüber nachdenken und stünde bereit. Wenn sie die Liste der Kunden haben wollten, würden sie die bekommen», hatte Fuentes später auch im Gerichtsgebäude gesagt. Davon wollte Santamaría während des laufenden Verfahrens aber nichts wissen.
Die Staatsanwaltschaft forderte zwei Jahre Haft für den Hauptangeklagten. Auch für die Schwester des Dopingarztes, die Medizinerin Yolanda Fuentes, sowie für Saiz und Labarta verlangte die Anklagebehörde in ihrem Schlussplädoyer am Freitag Haftstrafen von jeweils zwei Jahren. Nur für den fünften Angeklagten, den Ex-Teamchef Vicente Belda, verlangte sie kein Strafmaß. Die Verteidiger hatten auf Freispruch für alle Angeklagten plädiert.
Selbst im Falle eines Schuldspruches ist es allerdings unwahrscheinlich, dass die Angeklagten ins Gefängnis müssen. Wenn keine Vorstrafen vorliegen, werden Haftstrafen von bis zu zwei Jahren in Spanien in der Regel zur Bewährung ausgesetzt.
Ob die Namen der rund 200 Sportler, die Fuentes allein zwischen 2003 und 2006 betreut haben soll, jemals publik werden, ist äußerst fraglich. Der gelernte Gynäkologe sagte während des Prozesses, er habe ein Notizbuch mit den Namen all seiner Ex-Kunden in einem Safe gut verschlossen, «damit es mir niemand klaut».
Richterin Santamaría hatte darauf verzichtet, Fuentes zur Herausgabe von Namen aufzufordern. Sie hatte auch entschieden, dass die Justiz die Daten aus dem persönlichen Computer des Mediziners nicht preisgeben wird. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hatte als Nebenkläger einen entsprechenden Antrag gestellt. Was mit den Daten geschieht, liegt ebenfalls in den Händen von Santamaría.