Frankfurt (rad-net) - Mit einer Annahme des Antrages auf Streichung sämtlicher Mittel des Bundes für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) drohen dem Verband erhebliche finanzielle Turbulenzen. Das ist das Ergebnis einer Präsidiums-Sitzung des Verbandes, der bereits jetzt wirtschaftlich unter den Auswirkungen der daraus entstandenen Diskussionen leidet. Winfried Hermann, sportpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, hatte Mitte Oktober gefordert, beim Haushaltstitel 684 11 («Zentrale Maßnahmen auf dem Gebiet des Sports») die vorgesehenen Ausgaben für den Bund Deutscher Radfahrer zu streichen.
«Das heißt für uns, wegen des Profi-Radsports der Männer, für den der Verband lediglich rund ein Prozent der öffentlichen Mittel ausgibt, müsste sich der BDR mit dem Thema einer drohenden Insolvenz befassen und einen Teil seiner rund 30 Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit entlassen», so Rudolf Scharping, Präsident des BDR gegenüber rad-net.
«Das ist Populismus auf dem Rücken anderer», wiederholte Scharping dabei seine klare Antwort auf den Antrag Hermanns. «Betroffen sind aber nicht nur die Trainer und Mitarbeiter, betroffen sind auch die Sportlerinnen und Sportler und die Vereine, die nichts zu tun haben mit den Missständen im Profiradsport, die nicht zuletzt durch den Bund Deutscher Radfahrer immer mehr und wirkungsvoll bekämpft werden», so Scharping. Die Folgen wirken sich auch auf alle anderen Sportarten wie Trial, BMX, den Hallenradsport, Mountainbike, die Radsportjugend, den Frauenradsport und natürlich den Vereinssport aus, so der Präsident weiter. «Zwischen der Förderung des Bundes und der Länder besteht eine direkte Verbindung», so Scharping. Sprich: Stellt der Bund seine Förderung ein, fördern auch die Länder nicht mehr.
Besonders absurd sei für Rudolf Scharping der Antrag von Winfried Hermann, «weil der BDR von allen Sportarten die meisten Trainingskontrollen durchführt und als einziger Spitzensportverband gemeinsam mit der Deutschen Sportjugend und externen Fachleuten schon seit schon zwei Jahren ein umfangreiches Präventionsprogramm aufgelegt hat und durchführt.»
Inzwischen hat Scharping, der zunächst nur über die Medien über eine Einladung in den Sportausschuss des Bundestages erfahren hatte, auch eine Einladung für das Gespräch am 12. November erhalten und eine geplante geschäftliche Auslandsreise entsprechend verlegt. «Wie auch schon bisher werde ich gerne Auskunft geben», so Scharping, dessen Verband in diesem Jahr rund 24.000 Euro aus den öffentlichen Mitteln in Höhe von 2.450.155 Euro für den Profi-Radsport Strasse Männer ausgegeben hat. «Im gleichen Zeitraum haben wir aus eigenen Mitteln einen sechsstelligen Betrag in die Doping-Prävention und den Anti-Doping-Kampf investiert», so Scharping.
Eigentlich ist Hermann in seinen Forderungen mit der Arbeit der Verantwortlichen beim Bund Deutscher Radfahrer zu 100 Prozent auf einer Linie: «Wir brauchen erstens ein modernes und funktionsfähiges Dopingkontroll- und Sanktionssystem, wir brauchen zweitens eine finanziell gut ausgestattete Antidopingforschung, und drittens muss eine wirkungsvolle und umfassende Gesamtstrategie mit dem Schwerpunkt Dopingprävention entwickelt werden», hatte der Politiker Anfang 2007 gefordert.
Dabei könnte er sich aus dem Maßnahmenkatalog des BDR bedient haben, der federführend unter anderem den Blutpass auf den Weg gebracht hat, der jetzt Teil des Anti-Doping-Programmes des Radsport-Weltverbandes UCI ist. «Damit ist der Straßenradsport die erste und international die einzige Sportart, die einen solchen Blutpass hat. Ich darf daran erinnern, dass diese Blutpässe dafür gesorgt haben, dass 30 Sportler bei der Tour de France angesprochen wurden und 14 nachkontrolliert. Das wiederum hat am Ende auch genau dazu geführt, dass Bernhard Kohl und Stefan Schumacher enttarnt worden sind.» Für diese erfolgreiche Anti-Doping-Arbeit droht dem Verband jetzt der finanzielle Kollaps.
Der Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen für die
Beratungen Bundeshaushalt 2009 zum EP 06 Bundesministerium des
Innern / Kapitel 0602 im Wortlaut: |
«Beim Haushaltstitel 684 11 („Zentrale Maßnahmen auf dem Gebiet des
Sports“) werden die vorgesehenen Ausgaben für den Bund Deutscher
Radfahrer (BDR) gestrichen. Stattdessen werden die nicht benötigten
Mittel für die Dopinganalytik, Anti-Dopingforschung sowie für die
Dopingprävention verwendet.
Begründung:
Der Staat darf Sportorganisationen und –einrichtungen nur dann
finanziell fördern, wenn dort ein glaubwürdiger und konsequenter Weg
in der Dopingbekämpfung gegangen wird. Ein dopingfreier Radsport ist
jedoch zur Zeit offenbar nicht möglich. Besonders im Profiradsport
wird seit Jahren und über Team- und Mannschaftsgrenzen hinweg gedopt.
Doping ist in diesem Bereich zu einem systemimanenten Zwang geworden.
Die vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) angekündigten Anti-Doping-
Initiativen sind nicht realisiert worden. Von einem dopingfreien
Neustart, auch im deutschen Radsport, kann keine Rede sein.
Der Staat muss in der Dopingbekämpfung konsequent handeln.
Gesetzgeberische Veränderungen in der Dopingbekämpfung müssen durch
Förderentscheidungen der Verwaltungen ergänzt werden. Als ein weiterer
Schritt in der Dopingbekämpfung soll daher eine Rahmenvereinbarung
zwischen BMI mit DOSB und allen geförderten Sportfachverbänden
geschlossen werden. Darin sollen sich die Sportorganisationen (analog
zur sog. Ehrenerklärung von Spitzensportlerinnen und -sportlern)
verpflichten, bei Verstößen gegen die Regeln der Dopingbekämpfung die
öffentliche Sportförderung des Vorjahres zurückzuzahlen und dem Anti-
Doping-Kampf zur Verfügung zu stellen.
Auch von den Sportorganisationen wird in Zukunft ein dauerhafter
finanzieller Beitrag für die Arbeit der Nationalen Anti-Doping-Agentur
(NADA) erwartet.»
Winfried Hermann MdB |