Sanremo (dpa) - Nach seinem Malheur mit der Kette kurz vor Sanremo hakte John Degenkolb die erste verpasste Chance im Frühjahr schnell ab.
«Zum Glück ist es erst der Anfang der Klassiker-Saison. Es kommen noch weitere Rennen. Ein zweiter Pflasterstein steht bei mir ganz oben auf dem Zettel», sagte der deutsche Klassiker-Spezialist nach seinem Defekt bei der 110. Auflage von Mailand-Sanremo der Deutschen Presse-Agentur und blickte bereits auf sein Lieblingsrennen Paris-Roubaix im April.
Die Kopfsteinpflaster-Tortur hatte Degenkolb 2015 gewonnen und in der wenig einladenden Arbeiterstadt im Norden Frankreichs holte der 30-Jährige im vergangenen Jahr auch seine bisher einzige Tour-de-France-Etappe. Ob es am Samstag beim ersten der fünf Radsport-Monumente über 291 Kilometer ohne technischen Defekt zu einem Top-Ergebnis gereicht hätte, ist aber eher spekulativ. Degenkolb - am Ende auf Platz 84 - räumte ein, dass seine Position beim letzten Anstieg zum Poggio hinauf «besser hätte sein können».
Die Form sei aber gut gewesen, betonte Degenkolb. So gut, um den derzeit alles überragenden Franzosen Julian Alaphilippe im Sprint auf der Via Roma zu besiegen? Der Bergkönig der Tour de France beherrscht in diesen Wochen jedenfalls die Szenerie. «Le Maestro» titelte das französische Sportblatt «L'Equipe», nachdem der 26-Jährige bereits seinen siebten Saisonsieg einfuhr. Zum Vergleich: Degenkolbs gesamte Trek-Mannschaft kommt in 2019 auf drei Erfolge.
Alaphilippe und der drittplatzierte Ex-Weltmeister Michal Kwiatkowski (Polen) schossen an der Spitze des Feldes den 3,7 Kilometer langen Anstieg beim Poggio in der Rekordzeit von 5:41 Minuten hinauf, so dass hinten die ambitionierten Sprinter wie lästige Fliegen abgeschüttelt wurden. Am Ende gewann Alaphilippe auch den Sprint vor dem Belgier Oliver Naesen und Kwiatkowski. Der dreimalige Weltmeister Peter Sagan musste sich mit Platz vier begnügen und fährt damit seinem ersten Sanremo-Sieg weiter hinterher.
«Der Sprint war dann irgendwie seltsam, sehr langsam. Erst spät kamen die Antritte», analysierte Sagan, der «aus dieser Gruppe eigentlich der schnellste Fahrer sein sollte», wie Enrico Poitschke als Sportlicher Leiter von Sagans deutschem Bora-hansgrohe-Rennstall anmerkte: «Aber nach seiner Krankheit fehlt ihm einfach noch der letzte Punch.» Eine Magen-Darm-Grippe hatte den Superstar im Vorfeld sechs Trainingstage und vier Kilogramm gekostet. «Ich war noch nicht ganz bei 100 Prozent, aber es war viel besser als letzte Woche.»
Sagan nahm es gelassen. «Was soll's, ich muss es eben bei den nächsten Rennen probieren», sagte der Slowake und verlagerte sein Augenmerk bereits auf die kommenden Auftritte in Belgien und Nordfrankreich. Das gilt auch für Degenkolb, doch vorher soll aufgeklärt werden, warum sich die Kette zur Unzeit verselbstständigte. Denn seinem Teamkollegen Jasper Stuyven (Belgien) passierte das gleiche Missgeschick in der entscheidenden Rennphase.