Saint Malo (dpa) - Marcel Kittel blickte auch Minuten nach seinem Triumph von Saint Malo noch ungläubig auf den Trubel um ihn herum. Der geschlagene André Greipel verschwand zunächst verärgert im Teambus.
Die beiden Topsprinter hatten am Dienstag im Ziel der zehnten Etappe der 100. Tour de France nach 197 Kilometern für einen seltenen deutschen Doppelerfolg gesorgt. Zuletzt hatte es eine ähnliche Konstellation im Jahr 2000 gegeben, als Marcel Wüst in Vitré Erik Zabel bezwungen hatte.
«Ich weiß nicht, wann ich mich mehr gefreut habe, heute oder nach meinem ersten Sieg in Bastia. Mein Team hat super für mich gearbeitet. Am Schluss habe ich mich ans Hinterrad von Greipel geklemmt und konnte ihn dann noch passieren», sagte Kittel. Der Thüringer feierte an der imposanten Seepromenade von Saint Malo seinen zweiten diesjährigen Tageserfolg bei der Jubiläumstour nach seinem Superstart in Bastia. «Ich bin sehr stolz und konnte zeigen, wie stark ich bin. Die stärksten Sprinter waren vom Sturz nicht beeinträchtigt worden», sagte Kittel.
Der erste Träger des Gelben Trikots der diesjährigen Tour ließ seiner Konkurrenz keine Chance. Allerdings profitierte der 25-Jährige womöglich vom Sturz, den der drittplatzierte Mark Cavendish 250 Meter vor dem Ziel verursacht hatte. Es hatte Kittels Teamkollegen Tom Veelers getroffen, den Cavendish rempelte. Der britische Ex-Weltmeister wies jedoch alle Verantwortung von sich: «Ich habe den Sprint verloren, aber es war nicht meine Schuld.» Kittel erwiderte: «Ich habe den Sturz nur auf Video gesehen. Es war sehr unglücklich, so etwas passiert leider».
Vor dem wichtigen Einzelzeitfahren am Mittwoch nach Mont-Saint-Michel verlebte Spitzenreiter Christopher Froome einen relativ unangestrengten Tag. Der schmale Brite verteidigte sein Gelbes Trikot und liegt weiter 1:25 Minuten vor dem Spanier Alejandro Valverde. Dieser Abstand wird sich beim Zeitfahren vergrößern. Froome und vor allem aber der zweifache Zeitfahr-Weltmeister Martin gelten auf den 33 Kilometern im Kampf gegen die Uhr als Topfavoriten.
«Alles andere als ein Sieg wäre tief enttäuschend», hatte Martin erklärt. Er hatte zum Auftakt der Jubiläumstour bei einem Sturz auf Korsika zahlreiche Verletzungen erlitten, war aber tapfer weitergefahren. Das Zeitfahren, bei dem er nach 2011 seinen zweiten Tour-Etappensieg anpeilt, war bisher seine große Motivation zum Weitermachen.
Nach den überstandenen Strapazen der Pyrenäen hatte am Dienstag wieder die Stunde der Sprinter geschlagen. Bei starkem Wind vom Meer hatten Greipels Teamkollegen in der schwierig zu fahrenden Zielpassage optimale Vorbereitungsarbeit geleistet. Der bullige Rostocker sah auch wie der Sieger aus. Aber der blitzschnelle Kittel fing ihn 50 Meter vor dem Ziel noch ab.
«Wir haben gezeigt, dass wir die beste Mannschaft haben und ich hatte einen Superpunch», sagte Greipel, der dennoch unzufrieden war: «Ich war total überrascht über das Kopfsteinpflaster 50 Meter vor dem Ziel», erklärte der deutsche Meister und kritisierte seine sportliche Leitung, die ihn nicht vorgewarnt hatte. «So was müsste man wissen, aber es ist ja nur die Tour de France - das passt schon», meinte er ironisch. Allerdings hatte auch Kittel nichts von dem besonderen Straßenbelag vor dem Zielstrich gewusst. «Insofern waren die Voraussetzungen für alle gleich», sagte der Etappensieger.