Brüssel (dpa) - Einzig mit der Sprache hapert es bei Tony Martin noch, ansonsten ist der deutsche Radstar für die 106. Tour de France gerüstet.
«Ich bin dabei, Niederländisch zu lernen. Das ist die Baustelle, die ich noch habe», sagt der viermalige Zeitfahr-Weltmeister, der seit Saisonbeginn für den holländischen Radrennstall Jumbo-Visma fährt.
An seiner Form muss er nicht mehr arbeiten, da sei er in einer «sehr guten Verfassung». Zum Beweis fuhr er am 28. Juni souverän seinen neunten Meistertitel im Einzelzeitfahren heraus. Alles schon Routine für den 34-Jährigen, fast schon wie jedes Jahr fährt er als Meister zur Tour. Bereits zum elften Mal geht Martin am Samstag in Brüssel bei der Frankreich-Rundfahrt an den Start, seit seinem Debüt 2009 ununterbrochen.
Da bleiben viele Erinnerungen. «Ich hatte das Glück, das Gelbe Trikot auf meinen Schultern tragen zu dürfen. Es war eine tolle Ehre. Man steht unter Dauerbeobachtung und hat sehr viel Druck. Für mich war es teilweise zu viel», erinnert sich Martin. Das war 2015, seine Fahrt in Gelb endete schließlich nach einem Sturz im Krankenhaus mit einem Schlüsselbeinbruch.
An das Gelbe Trikot oder einen sechsten Etappensieg ist in diesem Jahr nicht zu denken. Martin hat andere Aufgaben. Auf den Flachetappen soll er den Sprint für Top-Mann Dylan Groenewegen vorbereiten, und im Gebirge ist er als Helfer für Steven Kruijswijk gefragt. «Es ist teilweise eine junge, unerfahrene Mannschaft, wo ich weiterhelfen kann. Meine Ratschläge werden gut angenommen und auch umgesetzt», sagt Martin. Für Teamchef Richard Plugge ist Martin ein «Vollprofi» und «das Puzzle-Teil, das noch gefehlt hat».
Schon an den ersten beiden Tagen winkt für Jumbo-Visma zweimal das Gelbe Trikot - bei einem möglichen Massensprint zum Auftakt oder im Teamzeitfahren am Sonntag. «Beides ist realistisch. Wir sind bei den Topfavoriten dabei», analysiert der Wahl-Schweizer, der im Peloton diesmal altbekannte Gesichter wie die fehlenden Sprinter John Degenkolb oder Marcel Kittel vermissen wird. «John und Marcel sind ein bisschen Heimatgefühl und eine große Portion Freundschaft. Es ist schade, dass das jetzt fehlen wird», sagt Martin.
Mit Kittel war Martin bis zum letzten Jahr noch bei Katusha-Alpecin zusammengefahren. Richtig glücklich ist Martin bei der unter Schweizer Lizenz fahrenden Mannschaft mit russischem Einschlag offenbar nicht geworden. Das scheint bei Jumbo-Visma anders zu sein. «Es ist sehr familiär und sehr holländisch. Dadurch gibt es nicht die Gruppenbildung, die ich in vielen anderen Teams erlebt habe. Es ist eine große Einheit», sagt Martin.
Ein Ambiente, in dem sich laut Martin auch Kittel «sehr wohl fühlen» würde. Einen Wechsel seines Freundes würde Martin entsprechend sehr begrüßen. «Es würde mir Spaß machen, wieder mit ihm in einem Team zu fahren.» Höchste Zeit also, Niederländisch zu lernen - vielleicht auch für Kumpel Kittel.
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