Villaroger (rad-net) - Vergangene Woche konnte das deutsche U23-Nationalteam bei der Tour de l'Avenir mit dem Sieg im Mannschaftszeitfahren und nicht zuletzt durch Michel Heßmann, der drei Tage das Gelbe Trikot trug und am Ende den dritten Platz belegte, überzeugen. U23-Bundestrainer Ralf Grabsch war von der mannschaftlichen Leistung beeindruckt und blickt optimistisch in die Zukunft, denn die deutsche U23 sieht er gut aufgestellt.
Zuletzt 2009 hatte es ein deutscher Fahrer aufs Podest der weltweit wichtigsten U23-Rundfahrt, die als Tour de France der Nachwuchsklasse gilt, geschafft. Damals belegte Sergej Fuchs hinter Romain Sicard und Tejay van Garderen ebenfalls den dritten Rang. Zwei Jahre vorher war Tony Martin Zweiter geworden. Gewinnen konnte die Rundfahrt bislang mit Olaf Ludwig 1983 nur ein Deutscher. «Das ist schon ein wichtiges Ausrufezeichen und es wurde ja auch mal wieder Zeit nach 13 Jahren», sagt Grabsch über Heßmanns dritten Platz im Gespräch mit rad-net. «Ich sehe aber auch die Mannschaftsleistung als wichtigen Aspekt. Aufgrund unserer geschlossenen Stärke konnten wir überzeugen - und gerade das war wichtig für mich, dass wir auf diesem internationalen Niveau uns so gut präsentieren konnten.» Grabsch ist deshalb überzeugt: «Unsere deutsche U23 ist breit aufgestellt, zumal ich ja nicht alle, die auf internationale Ebene ebenfalls vorne mitfahren, mitnehmen konnte.»
Begeistert war der Trainer vor allem auch von Heßmanns Kampfeswillen. Mit seiner Größe von 1,90 Metern und einem Gewicht von 78 Kilo ist der Münsteraner nicht unbedingt ein Bergfloh, hielt aber dennoch auf den schweren Etappen im Hochgebirge vorne mit. «Er hat das Maximum herausgeholt. Bereits auf der vierten Etappe hatte er mit attackiert und wurde Dritter. Im Mannschaftszeitfahren konnten wir dann mit Sieg ein kleines Polster herausholen, welches er erst einmal verteidigen konnte. Eigentlich ist er gar kein Bergfahrer. Umso bemerkenswerter ist es, was er da herausgeholt hat. Zwar hat Michel Gelb verloren, aber er hat bis zum Schluss gekämpft und einen starken dritten Platz errungen», so Grabsch.
Der ehemalige Radprofi hob aber nicht nur die Leistung von Heßmann hervor. Auch Hannes Wilksch habe beeindruckt: «Er war beim Baby-Giro schon Siebter. Und trotz der Arbeit für Michel ist er nun wieder Siebter geworden. Das zeigt, dass er auf einem sehr guten Niveau ist.» Lobende Worte fand Ralf Grabsch auch für Felix Engelhardt: «Er ist wie ein Motorrad gefahren als wir Gelb hatten. Das war vor allem berghoch sensationell. Außerdem hat er die Mannschaft als Kapitän gesteuert. Damit konnte er auch noch einmal bestätigen, dass er den Europameistertitel verdient erringen konnte.» Entsprechend hat Grabsch keine Zweifel daran, dass Engelhardt kommende Saison bei BikeExchange-Jayco auf WorldTour-Ebene den nächsten Schritt machen wird. «Er ist tempohart, tempofest und geht nicht kaputt. So jemanden im Profigeschäft im Team zu haben, kann nicht schlecht sein. Ich habe keine Bedenken, dass er sich nicht eingewöhnt.»
Auch dem Rest der Mannschaft, zu der Pierre-Pascal Keup, Luis-Joe Lührs und Georg Steinhauser gehörten, bescheinigte der 49-Jährige eine gute Rundfahrt gefahren zu sein: «Zu Beginn gab es viele Stürze. Dadurch, dass wir kompakt gefahren sind und stets aufmerksam und konzentriert waren, sind wir allen Stürzen aus dem Weg gegangen. Alle hatten ein gutes Auge für die richtige Rennsituation. Wenn man das schafft, fährt man auch erfolgreich.»
Nach der Tour de l'Avenir wartet nun noch ein weiteres Highlight auf die U23-Fahrer in diesem Jahr - die Weltmeisterschaft in Australien. Auch dafür zeigte sich Ralf Grabsch optimistisch, nachdem seine U23-Fahrer in diesem Jahr bereits den EM-Titel und nun in Frankreich den Sieg im Mannschaftszeitfahren sowie den dritten Gesamtrang feiern konnte. «Es wäre toll, wenn wir das bei der WM auch abrufen können. Aber eine Weltmeisterschaft ist immer nochmal ein anderes Rennen mit einem ganz anderen Charakter. Dennoch haben wir super Möglichkeiten.»
Mit dem erfolgreichen Abschneiden bei der Tour de l'Avenir konnte sich der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) in die Top-5 der Nationencup-Wertung schieben und mit sechs Fahrern ins WM-Rennen der U23-Klasse gehen. Obendrein hat Engelhardt als Europameister persönliches Startrecht, sodass die Deutschen sogar ein siebenköpfiges WM-Aufgebot berufen können.