Bergen (rad-net) - Bei den Straßen-Weltmeisterschaften in Bergen (Norwegen) konnte der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) diesmal nur eine Silbermedaille gewinnen, dennoch fällt die Bilanz zufriedenstellend aus, weil viele Top-Platzierungen erreicht wurden, die gute Zukunftsprognosen, speziell in den Nachwuchsklassen, aufzeigen.
Herausragender Athlet der Titelkämpfe aus deutscher Sicht war Lennard Kämna, der Gold im Teamzeitfahren und Silber im Straßenrennen der U23 gewann.
Daneben gab es drei vierte Plätze in den Nachwuchsklassen. Juniorin Hannah Ludwig, die auch im Straßenrennen eine dominierende Rolle spielte, verpasste im Einzelzeitfahren die Bronzemedaille nur um drei Sekunden. Auch Juri Hollmann schrammte als Vierter im Zeitfahren der Junioren knapp am dritten Podestplatz vorbei, und schließlich sprintete der Vize-Weltmeister des Vorjahres, Niklas Märkl, im Straßenrennen der Junioren ebenfalls auf einen vierten Platz. Eine weitere Top-Ten-Platzierung erzielte der Brandenburger Max Kanter als Siebter im Straßenrennen der U23.
«In den Nachwuchsklassen haben wir sehr gute Ergebnisse erzielt, was mit Blick auf unser Potential für die Zukunft hoffen lässt», zog BDR-Sportdirektor Patrick Moster ein erstes Fazit. «Wir konnten zwar nicht so viele Medaillen wie im letzten Jahr gewinnen, aber die guten Resultate speziell bei den Juniorinnen und Junioren zeigen, dass wir weiterhin zur Weltspitze zählen.» Die Juniorinnen, die in Bergen am Start waren, gehörten alle dem ersten Jahrgang an und werden sich noch weiter entwickeln.
Im Zeitfahren der Männer U23 hat der BDR eine große Medaillenchance geopfert, weil man auf einen Start von Lennard Kämna im Einzelzeitfahren verzichtete. «Der langfristigen persönlichen Entwicklung Kämnas wäre es nicht dienlich, ihn nur einen Tag nach dem Mannschaftszeitfahren ins Rennen zu schicken. Das wäre eine zu große Belastung für den erst 21-Jährigen gewesen», glaubt Moster. Auch Kämna selbst sieht das so. «Wenn ich selbst hätte entscheiden dürfen, wäre ich auch nicht gestartet», sagte er.
Moster erwähnt aber auch, dass mit Jan Tschernoster und Sven Reutter zwei hoffnungsvolle U23-Athleten verletzungsbedingt zu Hause bleiben mussten.
Dass Titelverteidiger Tony Martin nur den neunten Platz im Zeitfahren der Männer erzielte, ist für Moster kein Anlass, an Martins Qualitäten zu zweifeln. «Er hat letztlich nur 18 Sekunden auf Bronzemedaillengewinner Froome verloren, hatte zwischendurch die zweitbeste Zwischenzeit und das auch einer Strecke, die ihm überhaupt nicht lag.» Moster verweist zudem darauf, dass hinter Martin einige Fahrer bereit stehen, die erfolgreiche Zeitfahrgeschichte des BDR bei Weltmeisterschaften fortzuschreiben. «Max Schachmann und Marco Mathis sind Fahrer, die dort in Zukunft eine Rolle spielen werden», glaubt der 50-Jährige. Schachmann konnte in diesem Jahr wegen einer Sturzverletzung nicht eingesetzt werden; für Mathis war die Strecke nicht geeignet.
Lediglich im Frauenbereich konnten in Bergen die Erwartungen diesmal nicht erfüllt werden. Lisa Brennauer kam als 42. und beste Deutsche ins Ziel. «Das war sicherlich nicht das, was wir erwartet hatten», sagte Moster. «Wir haben bei dieser WM nur eine sehr junge Fahrerin, Lisa Klein, ins Team integriert und zu sehr auf die älteren, erfahreneren Athletinnen gesetzt. Auch hier wird es in den nächsten Jahren Veränderungen geben, denn mit Liane Lippert, Clara Koppenburg und Christa Riffel stehen weitere junge Talente bereit, in die Fußstapfen von Worrack und Co. zu treten.»
Clara Koppenburg gehörte wie Lisa Klein zur erfolgreichen Cervélo-Mannschaft, die in Bergen im Teamzeitfahren Bronze gewann. Die Friedrichshafenerin war außerdem Vierte hinter Lisa Klein bei den Zeitfahr-Europameisterschaften. «Die jungen stehen bereit, aber wir wollen diese zarten Pflänzchen im Schatten der etablierten Fahrerinnen behutsam aufbauen», lässt Moster keinen Zweifel daran, dass die Verantwortung für eine solide Entwicklung des einzelnen Athleten im BDR mehr Gewicht hat, als der kurzfristige Erfolg.
Beim abschließenden Straßenrennen der Männer am Sonntag fuhren die Deutschen ein taktisch kluges Rennen und zeigten sich sehr aufmerksam. Bis zur letzten Überquerung des Selmon Hill hatten sie alle Chancen, einen Fahrer vorne zu platzieren. Auf der Zielgeraden aber hatte einmal mehr der Slowake Peter Sagan die schnellsten Beine und sprintete vor Lokalmatador Alexander Kristoff zu seinem dritten WM-Titel in Serie. Bronze gewann der Australier Michael Matthews. Bester Deutscher war der Simon Geschke auf Platz 20.