Mailand (dpa) - Zur Geburtstagsfeier seines Lieblingsrennens Mailand-San-Remo, das vor 100 Jahren zum ersten Mal ausgetragen wurde, kommt Erik Zabel nicht ganz unbeschwert. Er hat einen dicken Hals. Der 36-jährige Berliner, der die «Classicissima» 1997, 1998, 2000 und 2001 gewann, ist gesundheitlich leicht angeschlagen und sein Team-Manager Gerry van Gerwen traut ihm nicht unbedingt viel zu. Zabel hat bisher in dieser Saison noch keine Erfolge vorzuweisen und musste die Generalprobe Tirreno-Adriatico mit Halsschmerzen abbrechen.
Die Zeit des Milram-Profis soll eher in der zweiten Hälfte des Jahres kommen, mit Topform rechnet Zabel «bei der Tour de France und der Weltmeisterschaft». Trotzdem wird er wieder alles daransetzen, seinen Team-Kollegen Alessandro Petacchi, der im Vorjahr von Filippo Pozzato im Finale auf der Via Roma ausgetrickst wurde, wie 2005 wieder ganz nach oben aufs Podiums zu hieven. Milram-Manager Gerry van Gerwen ist allerdings skeptisch: «Bei beiden sind die Voraussetzungen nicht ideal. Erik hat mir vor zwei Tagen in einer SMS mitgeteilt, dass er Husten und Halsschmerzen hat und deshalb sicherheitshalber ausgestiegen ist. Bei ihm habe ich eigentlich keine großen Erwartungen, obwohl die Hoffnung bei solch einem Fahrer natürlich immer da ist. Alessandro, der bei Tirreno-Adriatico auch nichts gezeigt hat, ist nicht wie im Vorjahr der große Favorit. Aber eines macht mich bei ihm zuversichtlich: Er ist zwei Kilo leichter als im Vorjahr. Das ist ein gutes Signal», meinte van Gerwen.
Zabel zählt die Quick-Step-Doppelspitze mit den Weltmeistern Paolo Bettini und Tom Boonen, der auf seinen ersten Erfolg in San Remo wartet, sowie Robbie McEwen, den italienischen Sprinter Daniele Bennati und den dreifachen Weltmeister Oscar Freire zum engsten Favoritenkreis für die Marathon-Distanz von 294 Kilometern. Der längste aller Klassiker wurde in seiner langen Geschichte während der beiden Weltkriege nur drei Mal (1916, 1944 und 45) nicht gefahren. Zabels 13. Teilnahme könnte seine Abschiedsvorstellung sein. Wenn ihm Ende September bei der WM in Stuttgart das gelingt, was ihm im Vorjahr hinter Bettini in Salzburg knapp verwehrt blieb, könnte er seine Umgebung wieder mit spontanen Rücktrittsgedanken verblüffen. «Ich hoffe, das kommt nicht so. Erik hat ja noch für 2008 einen Vertrag bei uns, aber jeder Sportler ist in seinen Entscheidungen frei», sagte van Gerwen, der im Oktober 2006 zusammenzuckte, als der frisch gekürte Vize-Weltmeister erklärte: «Wenn ich Weltmeister geworden wäre, hätte ich aufgehört.» Zabel beteiligt sich nicht an diesen Spekulationen: «Ich will bis Ende 2008 fahren.»
Egal, wie es für Milram, Zabel und Petacchi ausgeht: Zu Feiern gibt es in jedem Fall etwas. Die Organisatoren lassen sich bei ihrer Jubiläums-Veranstaltung nicht lumpen und bitten nach dem Rennen zur großen Geburtstagsfete ins noble Spielcasino von San Remo. Natürlich ist neben Eddy Merckx auch Zabel geladen, den sie seit Jahren in Italien nach seiner Erfolgsserie an der Blumen-Riviera «Signore Milano-San-Remo» nennen. In der ewigen Rangliste des Traditionsrennens, das der kürzlich 70 Jahre alt gewordene Rudi Altig 1968 als erster Deutscher gewann, liegt Zabel hinter Merckx (sieben Siege) und Costante Girardengo (sechs) an dritter Stelle. Das erste Mailand-San-Remo wurde am 14. April 1907 mit 33 Teilnehmern, die eine Aufwandsentschädigung von fünf Lire erhielten, gestartet. Vor 100 Jahren siegte der Franzose Lucien Petit-Breton.