Les Essarts (dpa) - Ungläubig ging der Blick immer wieder hinauf zur Zeitmessung. Erst als die hochgehandelten Lance Armstrong und Jan Ullrich ins Ziel rollten, war das traumhafte Tour-Debüt von David Zabriskie perfekt.
Seine früh vorgelegte Fabelzeit beim Zeitfahren von Fromentine nach Noirmoutier konnten auch die Favoriten nicht knacken. Fast schüchtern streifte der zurückhaltende Tour-Neuling das erste Gelbe Trikot der diesjährigen Rundfahrt über: «Wahnsinn. Dabei habe ich mich unterwegs gar nicht so optimal gefühlt. Dass ich es jemals so weit schaffe, hätte ich nie gedacht.»
Für viele Experten kam der Triumph des 26-jährigen Amerikaners, der vom ehemaligen Armstrong-Team US-Postal zum dänischen Rennstall CSC gewechselt war, jedoch nicht überraschend. Immerhin weist dessen sportliche Vita beachtliche Erfolge auf: Gleich bei seinem ersten Start gewann er als 17-Jähriger das «Armstrong-Junior»-Rennen in Salt Lake City. Bei der Zeitfahr-WM im vergangenen Jahr am Gardasee waren nur vier Fahrer schneller. Mit dem Sieg bei der Tour hat er ein bemerkenswertes Triple geschafft. Zuvor dominierte er bereits sowohl bei der Vuelta (2004) als auch beim diesjährigen Giro in seiner Parade-Disziplin. «Wer kann das schon von sich behaupten», kommentierte Teamkollege Jens Voigt, «wenn er jetzt noch lernt, mehr an sich zu glauben, kann er ein ganz Großer werden».
Einmal mehr hat der für seine ungewöhnlichen Motivationskünste bekannte CSC-Teamchef Bjarne Riis im Vorfeld der Tour ganze Arbeit geleistet. Neben Zabriskie trat auch Voigt mit seinem achten Platz beim Einzelzeitfahren positiv in Erscheinung. Dem frühen Gewinn des Gelben Trikots für sein Team gewinnt der Berliner nur positive Seiten ab. «Solche Geschenke nimmt man gerne an. Da kann man eine Menge Druck ablassen. Immerhin haben wir schon jetzt etwas in der Tasche.»
Kräftezehrende Anstrengungen, um das Trikot zu verteidigen, wollen die Fahrer aus dem Riis-Team vermeiden. Nichts soll den angestrebten Tour-Sieg von Kapitän Ivan Basso gefährden. Die Stunde des Vorjahres-Dritten aus Italien, der beim Auftakt mit 1:26 Minuten Rückstand auf den Sieger nicht über einen 20. Platz hinauskam, soll in den Bergen schlagen. «Unsere Strategie steht fest. Bei uns gibt es einen Häuptling und acht Indianer», sagte Voigt.