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Jan Ullrich gönnt sich einen Schluck aus der Flasche.
27.06.2006 19:37
Tour gibt Ullrich Grünes Licht - Polizei am Zug

Madrid/Straßburg (dpa) - Die Tour-Direktion hat Jan Ullrich Grünes Licht für die 1. Juli beginnende 93. Tour de France gegeben. «Im Moment» spreche nichts gegen seine Teilnahme, teilte Tour-Sprecher Philippe Sudres mit.

Der 32 Jahre alte T-Mobile-Kapitän und sein Betreuer Rudy Pevenage waren in einem Bericht der spanischen Zeitung «El País» in Zusammenhang mit der Doping-Affäre um die Mediziner Fuetes und Batres gebracht worden. Ullrich, der zum zweiten Mal nach 1997 das Gelbe Trikot erobern will, reist drei Tage vor dem Beginn der Tour wie vorgesehen mit dem Auto nach Straßburg zum Tourstart.

Jetzt ist die spanische Guardia Civil am Zug. Wenn sie Beweise gegen Ullrich und Pevenage auf den Tisch legen kann, dass der Profi und sein Teamchef und väterlicher Freund in die Doping-Affäre verwickelt sind, stünden beide womöglich vor dem Karriereende. Wenn sich keine neuen Fakten über die Veröffentlichungen von «El País» hinaus ergeben, steht Ullrichs neuntem Tour-Start nichts im Weg. Neue Fakten gab es unterdessen nicht. Laut T-Mobile hätte die Guardia Civil auf die «strikt geheimen» Akten verwiesen und eine offizielle Stellungnahme zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt.

Eine Konferenzschaltung mit den Tour-Direktoren Jean-Marie Leblanc und Christian Prudhomme hätte bereits ergeben, dass Handlungsbedarf nur bestehe, wenn glasklare Fakten bekannt werden. Das sagte Team-Sprecher Luuc Eisenga. Tour-Pressechef Christophe Marchadier bestätigte diese Version. «Eine Entscheidung muss Hand und Fuß haben. Darin waren wir uns gestern mit den Tour-Chefs einig. Bisher haben wir einen Zeitungsartikel und weiter nichts», sagte Eisengaa. Prudhomme habe ihm versichert, dass «Spekulationen einer Zeitung» eine Ausladung nicht rechtfertigten.

Im Fall des Nachfolgers des Liberty-Seguros-Rennstalles, «Astana Würth», handelten die Tour-Organisatoren schneller. Die Mannschaft mit dem Mitfavoriten Alexander Winokurow und dem Ansbacher Radprofi Jörg Jaksche wurde gebeten, auf einen Start zu verzichten, da sie nicht erwünscht seien. Der inzwischen - viele meinen, nur pro forma - zurückgetrete Liberty-Team-Manager Manolo Saiz gilt als Schlüsselfigur des Doping-Skandals, dessen Ausmaße die Tour-Affäre von 1998 sprengen könnten.

Die Betreiber-Gesellschaft Active Bay, deren Vorsitz Saiz immer noch führen soll, kündigte am Dienstag in einer Pressemitteilung einen Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS an, um die Teilnahme von «Astana-Würth» zu erzwingen. Ein Urteil werde zum Tag vor dem Tour-Start in einem Schnellverfahren fallen, sagte ein CAS-Sprecher. Sportrechtlich spricht einiges gegen die Entscheidung der Tour- Organisatoren. Der Weltverband UCI hatte der Nachfolge-Mannschaft von Liberty den zur Start-Berechtigung nötigen ProTour-Status gerade bestätigt.

1999 musste die Tour-Direktion einer Intervention der UCI schon ein Mal in einem ähnlichen Fall nachgeben. Wegen seiner Doping-Verwicklungen wurde der französische Radsport-Liebling Richard Virenque ein Jahr nach dem großen Tour-Skandal zur «unerwünschten Person» erklärt und - wie damals bereits Manolo Saiz - ausgeladen. Die UCI drückte die Tour-Teilnahme der beiden vor sieben Jahren aber durch. «Uns sind die Hände auf den Rücken gebunden», sagte UCI- Präsident Pat McQuaid, der «ohne klare Beweise oder Fakten» in der aktuellen Affäre nichts gegen verdächtigte Fahrer unternehmen kann.

«El País» hatte am Vortag berichtet, nach dem vor einem Monat in Spanien aufgedeckten Dopingskandal sei auch Ullrich ins Visier der Fahnder geraten. Bei den Ermittlungen seien im Zusammenhang mit präparierten Blutkonserven Codenamen aufgetaucht, die auf den 32-jährigen T-Mobile-Kapitän und seinen langjährigen Betreuer Pevenage hindeuten könnten, schrieb das Blatt unter Berufung auf den Ermittlungsbericht. Ullrich und Pevenage wiesen die Vorwürfe zurück.

Das damals zerschlagene Doping-Netz soll nach einem Bericht von «El País» nicht nur Radprofis mit verbotenen Mitteln, darunter etwa mit roten Blutkörperchen angereicherte Blutkonserven, versorgt haben. Auch Leichtathleten seien möglicherweise unter den «Kunden» gewesen. Dies gehe aus abgehörten Telefongesprächen hervor.

Im Polizeiverhör habe der unter Verdacht stehende Hämatologe José Luis Merino Batres zugegeben, «Elite-Sportler» behandelt zu haben, zumeist in Hotelzimmern. Namen habe der Mediziner aber nicht genannt. Für die meisten Blutbehandlungen sei nach seiner Aussage der Sportarzt Eufemiano Fuentes verantwortlich gewesen. Beide gelten als zentrale Figuren in dem Skandal und befinden sich nach Zahlung einer Kaution auf freien Fuß. Insgesamt waren Ende Mai fünf Verdächtige vorübergehend festgenommen worden, unter ihnen auch Saiz. Gegen sie wird wegen «Gefährdung der öffentlichen Gesundheit» ermittelt.


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