Imola (rad-net) - Am Donnerstag beginnen in Imola die Straßen-Weltmeisterschaften der Elite. Nur wenige Wochen, nachdem die Schweiz wegen der Corona-Pandemie die Weltmeisterschaften absagen mussten, konnte die UCI in Italien einen neuen Veranstalter finden, der die Titelkämpfe auf der Motorsport-Strecke von Imola ausrichtet.
Den Auftakt machen die Frauen mit ihrem Einzelzeitfahren am Donnerstag, am Freitag folgen die Männer. Die 31,7 Kilometer lange Zeitfahrstrecke mit Start und Ziel auf der berühmten Motorsport-Rennstrecke, ist ein flacher Parcours und begünstigt tempoharte Fahrer.
Die Deutsche Straßenmeisterin Lisa Brennauer geht optimal vorbereitet ins Rennen. «Ich traue mir auf diesem Kurs einiges zu. Meine Form stimmt», sagt die 32-Jährige, die bei den Europameisterschaften im August als Vierte knapp eine Medaille verpasste. Das EM-Zeitfahren war der einzige internationale Wettbewerb in dieser Disziplin, den Brennauer in der durch die Corona-Pandemie arg dezimierten Saison bestritten hat. Deshalb warnt sie vor zu viel Zuversicht. «In Imola kommen noch einige gute Starterinnen aus Übersee dazu», sagt Brennauer und nennt die US-Amerikanerin Chloe Dygert, die als Titelverteidigerin an den Start gehen wird. Auch die Niederländerinnen, allen voran Europameisterin Anna van der Breggen, sind zum Kreis der Favoritinnen zu zählen. Fürchten muss sich Brennauer vor der Konkurrenz aber nicht: «Ich habe dieses Jahr gezeigt, dass ich auch das Zeitfahren wieder draufhabe», so die Weltmeisterin von 2014.
Bei den Männern bestreiten Nikias Arndt und Jasha Sütterlin am Freitag den Kampf gegen die Uhr. Arndt kommt mit einer guten Form aus der Tour de France, wo er maßgeblichen Anteil an den drei Etappensiegen seines Teams Sunweb hatte. Sütterlin hat sich in den letzten Tagen gezielt auf die Titelkämpfe vorbereitet. Der vierfache Weltmeister Tony Martin hat auf einen Start verzichtet, da er Anfang Oktober beim Giro d'Italia starten wird.
«Plätze in den Top-Ten sind unser Ziel», sagt der Sportliche Leiter Jens Zemke, der sich auch am kommenden Sonntag im 259 Kilometer langen Straßenrennen der Männer für die deutsche Mannschaft verantwortlich zeichnet. Dort gehen die beiden Tour-Fahrer Simon Geschke und Maximilian Schachmann als Doppelspitze ins Rennen. Wenn sie ihre gute Form in dieser Woche halten können, werden sie am Sonntag eine wichtige Rolle spielen können. «Ich habe mich in den letzten Tagen der Tour nicht mehr so gut gefühlt, aber mein Fokus ist jetzt voll auf die WM gerichtet», zeigt sich Schachmann vor der Abreise nach Italien zuversichtlich. «Ich bin auf einem guten Weg.» Eine Jokerrolle kommt John Degenkolb zu, der in der letzten Woche mit einem Etappensieg in der Luxemburg-Rundfahrt zu überzeugen wusste.
Wegen der kurzen Zeitspanne zwischen Tour de France und Weltmeisterschaft musste der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) aber auf die Nominierung einiger namhafter Fahrer wie Tour-Etappensieger Lennard Kämna oder Bergfloh Emanuel Buchmann verzichten.
Die Frauen absolvieren am Samstag fünf Runden, also 144 Kilometer, und haben dabei 2750 Höhenmeter zurückzulegen. Bundestrainer André Korff ist sicher, «dass der Sieg nur über die Niederländerinnen geht». Sie haben in den letzten Jahren allen Welttitelkämpfen ihren Stempel aufgedrückt und zwischen 2017 und 2019 jeweils die Weltmeisterin gestellt. Doch das deutsche Aufgebot kann sich sehen lassen und wird bei der Medaillenvergabe ein Wörtchen mitsprechen. «Wir haben gute Karten und können weit kommen», ist Brennauer überzeugt. «Aber wer gewinnen will, der muss die Holländerinnen schlagen.»
Top-Fahrerin im deutschen Team wird Liane Lippert sein. Die Friedrichshafenerin hat unlängst im Giro Rosa einmal mehr gezeigt, dass sie auf bergigen Strecken bestens zurechtkommt. «Ich habe mir den Kurs zumindest auf dem Papier schon mal angeguckt. Er kommt mir entgegen, die zwei Berge liegen mir, und wir gehen mit einem starken Team an den Start», blickt Lippert optimistisch auf den Samstag. «Wir müssen von Anfang an aufmerksam sein, unsere Energie zu Beginn sparen», so Lippert, die sich kein konkretes Ziel setzt. «Ich will eine gute WM fahren. Und ich freue mich auf die Herausforderung», sagt die 22-Jährige.
Die Straßen-WM findet in diesem Jahr ohne die Nachwuchsklassen statt. Dies war in der Kürze der Vorbereitungszeit nicht zu organisieren und auch wegen der Corona-Pandemie schwer umzusetzen. «Wir sind sehr enttäuscht, dass die Nachwuchsklassen, die für uns und die sportliche Entwicklung unserer Athletinnen und Athleten sehr wichtig sind, nicht berücksichtigt werden konnten», sagte BDR-Sportdirektor Patrick Moster, der auf ein gutes Abschneiden in den Eliteklassen hofft. «Wir mussten bei der Nominierung auf einige Top-Fahrer verzichten, weil sie nach der Tour keine WM bestreiten wollten. Aber das WM-Team ist hoch motiviert und wird sein Bestes geben», erklärt Moster.
Das WM-Programm
Donnerstag, 24. September
Elite Frauen Einzelzeitfahren über 32 km
Freitag, 25. September
Elite Männer Einzelzeitfahren über 32 km
Samstag, 26. September
Elite Frauen Straßenrennen über 144 km
Sonntag, 27. September
Elite Männer Straßenrennen über 259 km