Leipzig (dpa) - Rad-Olympiasieger Jan Schur hat eine Stasi-Beichte abgelegt. «Ich wusste, dass es eines Tages auf den Tisch kommt», sagte der Sohn des bekanntesten DDR-Radsportlers «Täve» Schur, in einem Zeitungsinterview.
Schur gab in der «Leipziger Volkszeitung» offen zu, in den 80er Jahren unter dem Decknamen «IM Reinhold» als inoffizieller Mitarbeiter (IM) für die Staatssicherheit tätig gewesen zu sein.
Im Sommer 1981 erhielt Schur, der damals für den SC DhfK Leipzig fuhr, von zwei Stasi-Offizieren eine Offerte. «Da habe ich mich gebauchpinselt gefühlt», erklärte Schur. Er sollte im Ausland für die DDR tätig sein: «Das hat mich stolz gemacht.» 1982 habe er die Verpflichtungserklärung unterschrieben. Schon bei den ersten Treffen sei ihm aber klar geworden, dass es nicht um Auslandstätigkeit, sondern um «Aushorchen ging. Ich sollte andere Sportler anschwärzen». Die Treffen fanden in konspirativen Wohnungen statt. «Mir war das peinlich, aber ich wusste nicht, wie ich aus der Nummer rauskomme», berichtete Schur.
In sieben Jahren habe es maximal zehn bis zwölf Treffen mit den Stasi-Offizieren gegeben. «Das eine oder andere hätte ich vielleicht so nicht sagen sollen, das tut mir Leid. Aber generell muss ich mich bei niemandem entschuldigen», erklärte Schur. Als die Stasi ihn aufgefordert habe, bei Partys des damals oppositionellen Clubs Aufbau Centrum vorbei zu schauen, sei er bewusst nicht hingegangen. «Ich will das nicht als Heldentat hinstellen. Grundsätzlich hatte ich nicht den Mut, der Stasi die Stirn zu bieten», sagte der 45-Jährige.
Von September 1988 an habe es keine Treffen mehr gegeben. In diesem Monat hatte Schur bei den Olympischen Spielen in Seoul mit dem Straßenvierer Gold geholt. «Danach war mir klar, dass sie mir nicht mehr an den Karren fahren können.» Im Wende-Jahr 1989 stellte die Stasi die Zusammenarbeit ein. Schur beendete 1994 nach einem Schlüsselbeinbruch und einer schweren Verletzung beim Fußball seine Profi-Karriere.