Berlin (dpa) - Ivan Basso könnte wieder Rennen fahren, der spanische Verband stoppt die Ermittlungen, die UCI bestätigt die Lizenz von Manolo Saiz: Jan Ullrich steht derzeit als der Einzige im vermeintlich größten Doping-Skandal der Radsport-Geschichte da, dem Konsequenzen drohen. Auch der Österreichische Radsport-Verband (ÖRV) hat seine Aussichten einer Lizenzvergabe an Jan Ullrich eingestellt und klar gemacht, dass es bei laufendem Verfahren es eine Lizenz nicht geben wird.
Die spanische Operacion Puerto sorgt weiter für Konfusionen. Vorläufige, zweifelhafte «Freisprüche» für den Giro-Sieger Basso, namhafte spanische Profis und den Manager Saiz stehen der erdrückenden Indizienkette in der Affäre um den Mediziner Eufemiano Fuentes gegenüber. Erst nach Urteilen der Justiz könnten die Sportverbände wieder aktiv werden - das kann dauern.
Der Königlich Spanische Radsport-Verband RFEC hat seine Ermittlungen gegen rund 30 Beschuldigte eingestellt, sowohl das italienische Olympische Komitee CONI als auch der Dachverband haben Basso eine Unbedenklichkeits-Bescheinigung ausgestellt. Ullrich sieht sich dagegen mit einem bevorstehenden Sportgerichts-Verfahren in der Schweiz konfrontiert, hat eine Betrugs-Anzeige und ein Meineids- Verfahren am Hals. Laut «Bild» befindet sich Ullrichs Mutter vor lauter Sorgen in psychologischer Behandlung. «Ich bin vom Vorhalten des italienischen Verbandes enttäuscht, aber noch mehr von dem der Spanier», sagte UCI-Chef Pat McQuaid in «El Mundo».
Die Teams scheinen dagegen entschlossen, sich dopenden Profis entgegen zu stellen. «Ich gehe davon aus, dass wie beschlossen ab 1. Januar 2007 Fahrer-Verträge nur noch in Verbindung mit einer abgegeben DNA-Probe gelten», sagte Hans-Michael Holczer, Manager des Teams Gerolsteiner. Auf diese Weise scheint ausgeschlossen, dass Basso und Ullrich Mannschaften finden könnten, ohne ihren genetischen Fingerabdruck preiszugeben. Das gelte auch für die zweite ebene der Pro-Continantal-Mannschaften, wenn sie an ProTour-Rennen teilnehmen möchten, sagte Teamchef Christian Henn.
Sowohl Ullrich als auch Giro-Sieger Basso, die wegen ihrer Verstrickung in die Fuentes-Affäre nicht an den Start der Tour de France rollen durften und seit Juni kein Rennen mehr bestritten, werden bei Fuentes sichergestellte Blutbeutel zugeschrieben. Eine DNA-Probe, der sich beide strikt verweigern, würde am schnellsten beweisen, ob dem so ist.
Der Weltverband, der Basso, Ullrich und den weiteren sieben von der Tour suspendierten Fahrern mit dem Internationalen Sportgerichtshof CAS droht, macht nicht die glücklichste Figur. Die in der Schweiz ansässige UCI «bedauerte» die Bestätigung der ProTour-Lizenz für den Hauptbeschuldigten Saiz, der der spanischen Polizei im Mai in flagranti ins Netz ging. Die momentane Rechtslage und die schleppenden Informationen der spanischen Justiz ließen keine andere Entscheidung zu, hieß es in einer UCI-Pressemitteilung.
Der Spanier, nur nach Zahlung einer Kaution auf freiem Fuß, muss bis 20. November ein durchfinanziertes Team vorweisen. Dann spräche nichts gegen die erneute Manager-Tätigkeit von Saiz, in dessen inzwischen aufgelöster Formation des amerikanischen Versicherungs- Unternehmens Liberty Seguros flächendeckendes Doping offensichtlich Programm war.
Die nicht beschuldigten Ex-Liberty-Profis wie Vuelta-Sieger Alexander Winokurow haben sich im etwas undurchschaubaren Astana-Team des Schweizers Marc Biver längst neu organisiert. Wenn die mit kasachischen Millionen gesponserte Equipe, bei der 2007 auch Andreas Klöden und Matthias Kessler fahren, keine neue ProTour-Lizenz erhält, vertrauen die Chefs auf die Zugkraft ihrer Fahrer und auf Wildcards für die wichtigsten Rennen.
«Ein Team mit Winokurow, Klöden, Kaschechkin und Savoldelli wird immer eingeladen», meinte Ex-T-Mobile-Manager Walter Godefroot, der bei Astana den technischen Direktor gibt.