Wien (dpa) - Der erste deutsche Radsport-Kronzeuge Jörg Jaksche hat Einspruch gegen seine einjährige Doping-Sperre eingelegt. Es gehe ihm nicht um die Länge des Strafmaßes, sondern um die Anrechnungszeit, sagte der 31-Jährige der Deutschen Presse-Agentur dpa.
«Ich will einfach sechs Wochen früher Radfahren, das kann für mich Job oder Nicht-Job bedeuten», erklärte Jaksche. Wegen des Gebrauchs von EPO und Wachstumshormonen sowie wegen Blutdopings hatte ihn der Österreichische Radsport-Verband (ÖRV) Mitte September rückwirkend bis zum 2. Juli 2008 gesperrt. Nun hat der 31-Jährige fristgerecht zum 7. November Einspruch gegen dieses Urteil eingelegt. «Wir sind sehr zuversichtlich, dass er vielleicht schon im März wieder starten darf», sagte Jaksches Anwalt Michael Lehner der dpa.
Bis zuletzt hätten er und Lehner, der auch den geständigen Doping- Sünder Patrik Sinkewitz betreut, gehofft, dass der ÖRV dem Gnadengesuch stattgeben werde, sagte Jaksche. «Ich musste jetzt aus rechtlichen Gründen Einspruch erheben.» Als nächste Instanz ist die Unabhängige Schiedskommission der Bundessportorganisation BSO zuständig. Danach bliebe Jaksche noch der Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne. «Ich will aber eigentlich nicht zum CAS gehen. Dabei geht viel Zeit verloren», betonte der Ansbacher, der in Tirol lebt und mit österreichischer Lizenz fährt. Lehner erwartet eine Entscheidung im Januar 2008.
ÖRV-Rechtsanwalt Gernot Schaar, unter dessen Vorsitz Jaksche Mitte September gesperrt worden war, bedauerte die Entscheidung des Ansbachers. «Sein Einspruch erschwert die Sache erheblich», sagte er dem Internetanbieter «sport1.at». «Ob wir über das Gnadengesuch entscheiden oder warten, bis das Schiedsgericht entschieden hat, weiß ich nicht. Darüber muss ich erst nachdenken.»
Besonders gegenüber dem Italiener Ivan Basso fühlt sich Jaksche benachteiligt: «Bei Basso etwa wurde die Dauer seiner Suspendierung bei CSC auf die Strafe angerechnet. Bei mir nicht.» Der italienische Verband hatte den Giro-Sieger von 2006 mit der Maximalsperre von zwei Jahren belegt, Jaksche kam dank der Kronzeugenregelung mit einem Jahr davon. Doch das werde den Tatsachen nicht gerecht, da bei ihm der Zeitpunkt der Suspendierung nicht angerechnet worden sei, erläuterte Jaksche: «Ich war daher für 20, Basso nur für 16 Monate gesperrt. Und das obwohl wir mit der Operation Puerto das gleiche Vorleben hatten.»
Der zuletzt für das italienisch-russische Zweitliga-Team Tinkoff fahrende Jaksche hofft, mit einer reduzierten Sperre für einen neuen Arbeitgeber attraktiver zu werden. Dann könnte er einige Zeit vor dem Start der Tour de France am 5. Juli 2008 wieder in den Sattel zurückkehren. «Es ist wichtig für die Kronzeugenregel, dass Leute, die die Wahrheit erzählen, auch wieder reintegriert werden.» Nur dann hätten vielleicht auch andere den Mut, die Wahrheit zu erzählen.
Jaksche prognostizierte weiteren Profis, die wie er und Sinkewitz über systematisches Doping im Radsport aussagen wollten, dank des geplanten neuen Codes der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA relativ milde Strafen. Er gehe davon aus, dass Sinkewitz «nur für ein halbes Jahr gesperrt wird. Das ist ein Zuckerl für die Fahrer, die auspacken wollen. Da kommt man vielleicht schneller wieder in ein Team rein.»
Er selbst sei mit einigen Mannschaften in Kontakt. Ob er auch mit dem Bonner T-Mobile-Rennstall über eine mögliche Rückkehr gesprochen habe, wollte Jaksche nicht kommentieren. Jaksche hatte Ende Juni im «Spiegel» zugegeben, seit 1997 jahrelang gedopt zu haben und das Doping-Problem als flächendeckend im Radsport beschrieben: «Es ist pervers, aber das Doping-System ist gerecht, weil alle dopen.»