Gent (dpa) - Es war wie in besten Zeiten: Fernseh-Reporter wollten Interviews, Journalisten warteten auf ein Wort von Jörg Jaksche. Nur ging es nicht wie früher um seine sportliche Leistung als Radprofi, sondern allein um das Thema Doping.
Ex-Profi Jaksche trat im Parc de Citadelle braun gebrannt und gut gelaunt aus dem Übertragungs-Wagen der ARD, die ihn ins Ziel der zweiten Tour-Etappe nach Gent eingeladen hatte. Nicht weit entfernt wohnt der ehemalige Telekom-Manager Walter Godefroot, den Jaksche in seiner «Spiegel»-Beichte vor dem Start der 94. Frankreich-Rundfahrt auch mit Doping in Verbindung gebracht hatte.
Der 62-jährige Belgier, Jahrzehnte lang ständiger Tour-Begleiter in verschiedenen Funktionen, erschien diesmal nicht. Er wolle keine Journalisten sehen, ließ er ausrichten. Jaksche glaubt nicht, dass Godefroot, der sich vor einer Woche von seinem Posten als Berater des Astana-Teams selbst befreite, eine Klage gegen ihn führen wird: «Warum sollte er? Er weiß doch, dass ich Recht habe.»
Tour-Favorit Andreas Klöden von Astana, der Jaksche «durchgeknallt» genannt hatte, habe diese Äußerung in einem «sinnfreien Interview» abgegeben, sagte Jaksche. «Vor einem Jahr hätte ich genauso reagiert wie er. Er steht unter großem Druck vor der Tour, die er gewinnen will», sagte Jaksche. Der in Kitzbühel lebende Ansbacher bestritt erneut, von dem Nachrichtenmagazin für seine Aussagen, wie oft kolportiert, 100 000 Euro bekommen zu haben. Jaksche: «Mir wurde unterstellt, für Geld gelogen zu haben.»
«Eine Aufwandsentschädigung im niedrigen fünfstelligen Bereich» habe der Ex-Profi laut «Spiegel» erhalten. Bei möglichen, durch die Veröffentlichungen entstehenden Rechtsstreitereien wolle ihm der «Spiegel» mit Rat zur Seite stehen. Bis Jahresende soll Jaksche angeblich noch aus einem nach wie vor gültigen Vertrag mit seinem ehemaligen Teamchef Manolo Saiz, einem der Haupttäter der Fuentes-Affäre, Bezüge erhalten.
Der 30-jährige Jaksche bestätigte, dass er sich demnächst («zeitnah») zu Gesprächen mit dem Weltverband UCI, dem Bund Deutscher Radfahrer (BDR) und «Ende Juli» mit der Staatsanwaltschaft Ansbach treffen werde. Jaksche hofft auf die Anwendung der im WADA-Code festgehaltenen «Kronzeugen-Regelung» und damit auf eine Strafreduzierung von einem Jahr. «Ich hoffe, in einen dann anderen Radsport, jedenfalls werde ich ihn so betreiben, zurückkehren zu können.» Ein wenig rührte er schon die Werbetrommel in eigener Sache.
«Die Sponsoren, die Offenheit forderten, müssen in die Pflicht genommen werden. Ich habe die Hosen herunter gelassen», sagte Jaksche, der sich eine Anstellung im T-Mobile-Team unter der neuen Regie des General-Managers Bob Stapleton sicher vorstellen könnte - eine Rückkehr in sein vorletztes Team CSC wohl eher nicht. Jaksches Geständnis hatte mit dafür gesorgt, dass CSC-Team-Chef Bjarne Riis der Tour bis auf eine Stippvisite in London den Rücken kehrte.
Zu den Doping-Verwicklungen des dänischen Toursiegers von 1996 sagte Jaksche: «Er hat nicht weggeschaut, es zugelassen, aber nicht gefördert.» Allerdings konzediert er Riis, der eigenen Doping-Konsum bei Telekom in den 90er Jahren gestand, es neuerdings mit dem Anti-Doping-Kampf ernst zu meinen: «Er ist der einzige, der 500 000 Euro eigenes Geld in die Hand nahm, um ein Anti-Doping-Programm zu installieren. Er kann die Fahrer warnen vor bestimmten belasteten Leuten, genau wie T-Mobile-Teamchef Rolf Aldag.»
Jaksche fühlte sich im Tour-Tross im Nieselregen von Gent nicht umzingelt von Feinden. «Ich finde toll, dass die meisten jungen Fahrer es gut fanden, dass ich erzählt habe, wie es früher war und vielleicht teilweise noch heute. Die Älteren waren wohl nicht so überzeugt davon, aber ich fühle mich hier nicht irgendwie verfolgt.»