Cholet (dpa) - Die Grande Nation liegt sich in den Armen. Sie hatte bei der Tour de France gleich doppelten Grund zur Freude. Der Etappensieg Samuel Dumoulins und die Eroberung des Gelben Trikots durch Romain Feillu bescherte den Franzosen die bei der Tour so selten gewordenen Erfolgserlebnisse.
Sogar der seriöse «Figaro» hatte auf der Titelseite Platz und schwärmte vom «blau-weiß-roten Feuerwerk». Aber trotz aller Euphorie - die «L'Équipe» schrieb vom «Traum in Gelb» und bescheinigte Dumoulin, «durch den Haupteingang in die Tour- Historie» eingetreten zu sein - ist ein Nachfolger für Bernhard Hinault noch lange nicht in Sicht. Der Bretone gewann 1985 als letzter Franzose die Tour. Letzter einheimischer Etappensieger beim großen Sommer-Theater war vor zwei Jahren Cyril Desell. Feillu ist seit 1919 der 83. Franzose im «Maillot Jaune».
Die Gastgeber hatten ihr Hinterherfahren im internationalen Vergleich lange mit dem «Radsport der zwei Geschwindigkeiten» erklärt. Gemeint war damit eine gewisse Waffenungleichheit in der Wahl der (medizinischen) Mittel. Im Zuge strengerer und einheitlicher werdender Doping-Kontrollen zieht dieses Argument aber nicht mehr recht. So wertete der 24-jährige Feillu, vor zwei Jahren in Salzburg bei der U23-WM Zweiter hinter Gerald Ciolek, seinen Erfolg von Nantes auch als positives Zeichen für «die Jungen, die hoffentlich begreifen, wie gesunder Radsport funktioniert».
Feillu, der im Dezember 2007 an einer Blutvergiftung litt, und Dumoulin haben ihre Chance beim Schopf gepackt und nicht lange gefackelt. Wenige hundert Meter nach dem Start machten sie sich zusammen mit dem Italiener Paolo Longo Borghini und dem Amerikaner William Frischkorn auf ihre 208 Kilometer lange Reise nach Nantes. Sie erreichten das Ziel - der nur 1,58 Meter kleine Dumoulin und Feillu kooperierten perfekt, obwohl sie aus verschiedenen Teams kommen - mit 2:03 Minuten Vorsprung vor allen Favoriten.
Bis auf zwei: Der Russe Denis Mentschow, zweifacher Sieger der Vuelta, und der Giro-Zweite Riccardo Ricco aus Italien im Weißen Trikot des besten Nachwuchsfahrers waren wie Markus Fothen vom Team Gerolsteiner Opfer des starken Windes und fielen 15 Kilometer vor dem Ziel in eine zweite Gruppe zurück. In der Endabrechnung mussten sich die ambitionierten Klassements-Fahrer 38 Sekunden anrechnen lassen.