Saint-Brieuc (dpa) - Nach der Zielankunft in Saint-Brieuc setzte Gerald Ciolek noch einmal zum «Spurt» an. Wenige Minuten, nachdem der Pulheimer nur dem Norweger Thor Hushovd und seinem Columbia-Kollegen Kim Kirchen den Vortritt hatte lassen müssen, bat ein Chaperon zur Doping-Kontrolle.
Und so blieb dem Tour-Debütanten nichts anderes übrig, als die 400 Meter lange Strecke vom Mannschaftsbus zum Test-Container im Zielbereich zurückzufahren. Doch Ciolek war Opfer einer Verwechslung - und die ganze Drängelei inmitten der Radsport- Fans und Journalisten umsonst. «Das war irgendwie verhext. Ich musste gar nicht zur Kontrolle», grollte der 21-Jährige, der dem verpassten Tagessieg nachtrauerte: «Ein bisschen Frust ist dabei.»
Doch sein erster Streich bei der Tour de France ist wohl nur eine Frage der Zeit. Mit seinem Hattrick bei der Deutschland-Tour 2007 hat sich Ciolek endgültig in der Weltspitze der Sprinter etabliert. Nun bewies er gleich beim ersten Massenspurt der diesjährigen Frankreich- Rundfahrt, dass er auch im hektischen Tour-Gerangel zu den Schnellsten zählt. «Es ist seine erste Tour, Etappendritter ist ein sehr guter Anfang», lobte ihn sein Columbia-Sportdirektor Rolf Aldag. Gegen einen Klassemann wie Hushovd, der 2004 das Grüne Trikot holte, zu verlieren, sei keine Schande.
Der Respekt der «alten Garde» ist Ciolek jedenfalls schon sicher. «Gerald ist ein junger, hungriger Sprinter, dem sicherlich die Zukunft gehören wird. Er ist der Geheimfavorit unter den Sprintern, den man bei der Tour sicherlich auf der Rechnung haben sollte», hatte Altmeister Erik Zabel vom Milram-Team kurz vor Tour-Start erklärt.
Nachdem er den ersten Frust verdaut hatte, konnte sich auch Ciolek über seinen Premieren-Podestplatz freuen: «Das lässt natürlich hoffen.» Zugleich gab der Jungstar, der seit seinem deutschen Meistertitel 2005 die Sprinterszene gehörig aufgemischt hat, zu, dass die «Große Schleife» schwieriger zu fahren ist als andere Rennen. «Ich denke schon, dass bei der Tour alle Fahrer noch ein Stückchen motivierter sind», meinte Ciolek, der «schlecht sagen» konnte, ob Erik Zabel, Hushovd und Co. nach seiner vorjährigen Siegesserie nun besonders auf ihn achten.
Eines allerdings ist sicher: Unter bestimmten Voraussetzungen würde sich Ciolek auf die erneute Bekanntschaft mit einem Chaperon, der die Fahrer von der Ziellinie bis zur Doping-Kontrolle nicht aus den Augen lässt, freuen. Denn sollte der U23-Weltmeister von 2006 den ersehnten Etappensieg einfahren, ist ein Doping-Test obligatorisch. Dass er dann erneut die Abfahrt im Mannschaftsbus verpassen würde, dürfte Ciolek in diesem Fall wohl klaglos in Kauf nehmen.