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«Das Interesse am Radsport lässt sich nicht dadurch messen, was und wie viel die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten übertragen. Mehrere hunderttausend Zuschauer bei Eurosport sind keine Minderheit», sagt BDR-Präsident Rudolf Scharping. Foto: Archiv
18.07.2013 11:35
Scharping: Radsport verdient «mehr mediale Aufmerksamkeit»

Frankfurt (rad-net) - Rudolf Scharping, Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), sieht die deutschen Erfolge bei der Tour de France als Beleg der Verbandsphilosophie. «Das bestätigt genau unsere Linie: Seit längerem setzen wir auf junge, unverbrauchte Sportler, und zwar in allen Disziplinen», sagt der 65-Jährige über die fünf Etappensiege von Marcel Kittel, André Greipel und Tony Martin.

Gespannt blickt der BDR-Präsident auf das Finale der 100. Frankreich-Rundfahrt am Sonntag in Paris und hofft auf einen siegreichen Schlussspurt der deutschen Sprinter. Im Interview spricht Rudolf Scharping über die jüngsten Erfolge in Frankreich und die möglichen Auswirkungen auf den deutschen Radsport.

Herr Scharping, mit fünf Etappensiegen waren die deutschen Fahrer bei der Tour de France bislang so erfolgreich wie lange nicht mehr. Hatten Sie das erwartet?

Rudolf Scharping: Ich hatte es gehofft und bin nun, angesichts der Erfolge von Marcel Kittel, André Greipel und Tony Martin sehr stolz. Unsere Athleten haben bisher in der Tour eine große Vorstellung geboten, allen voran Marcel Kittel mit seinen drei Etappensiegen. Tony Martin hat nach seinem unglücklichen Sturz auf der ersten Etappe auf den folgenden Abschnitten eine schier unglaubliche Leistung vollbracht und wurde im ersten großen Zeitfahren seiner Favoritenrolle gerecht.  

Es sind insbesondere die jungen Athleten, die mit starken Leistungen beeindrucken.

Scharping: Das bestätigt genau unsere Linie: Seit längerem setzen wir auf junge, unverbrauchte Sportler, und zwar in allen Disziplinen. Die internationalen Erfolge unserer Athletinnen und Athleten, insbesondere auch bei Weltmeisterschaften und den letzten Olympischen Spielen machen dies sehr deutlich. Parallel zu den Erfolgen in der Tour sind unsere Nachwuchssportler gerade mit elf Medaillen - davon drei goldene - von den Bahn-Europameisterschaften zurückgekehrt. Auch in den Sparten Mountainbike und BMX konnten wir im Juli einen Europameister feiern.

Das breite Interesse am Radsport hat durch die Dopingproblematik der Vergangenheit aber angeblich nachgelassen.

Scharping: Das sehe ich nicht so. Das Interesse am Radsport lässt sich nicht dadurch messen, was und wie viel die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten übertragen. Mehrere hunderttausend Zuschauer bei Eurosport sind keine Minderheit. Und ARD und ZDF berichten auf ihren Internetportalen zunehmend intensiv. Die Erfolge der deutschen Radprofis in der Tour de France wecken also großes Interesse; ihre Leistung wird respektiert und als saubere Leistung anerkannt.

Aber der Radsport kämpft nach wie vor mit einem Dopingproblem.

Scharping: Das ist kein Problem des Radsports alleine. Das betrifft sehr viele Sportarten. Aber der Radsport hat mehr dagegen getan als andere und hat leider auch allen Grund dazu gehabt. Junge Fahrer heute wegen des «verseuchten» Jahrzehnts unter Generalverdacht zu stellen, ist aber unfair.  

Glauben Sie, dass der Radsport in Deutschland je wieder so dastehen wird wie vor der Krise?

Scharping: Der Hype um den Radsport, der 1996 begann und mit dem Tour-Sieg von Jan Ullrich einen Höhepunkt fand, war genauso übertrieben wie der Absturz zehn Jahre später. Inzwischen normalisiert sich das etwas. Aber über dem Berg ist der Radsport noch nicht. Allerdings zeigen mir Statistiken, dass wir auf einem sehr guten Weg sind: Die Mitgliederzahlen im Verband wachsen, die Zuschauerzahlen bei den Veranstaltungen sind ungebrochen hoch, eher noch gestiegen, ebenso die Teilnehmerzahlen an unseren Jedermann-Veranstaltungen. Das sind Werte, die mich optimistisch in die Zukunft blicken lassen.

Was wünschen Sie sich für den deutschen Radsport?

Scharping: Dass die Bemühungen aller Beteiligten, ob Sportler, Trainer oder die vielen Ehrenamtlichen, entsprechend gewürdigt werden und der Radsport endlich wieder die mediale Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient hat. Und ganz konkret: Dass Marcel Kittel oder André Greipel am Sonntag einen weiteren Tour-Etappensieg feiern. Ich blicke jedenfalls gespannt nach Paris und drücke die Daumen.


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