Neresheim (rad-net) - Was geht noch, bei den Hallenradsportlern? Nach den German Masters der Kunstradsportler und den Final Five-Turnieren im Radball, mit teilweise beeindruckenden Leistungen, sollen die Deutschen Meisterschaften am kommenden Wochenende in Neresheim (Württemberg) die nächste Steigerung bescheren - als Sprungbrett zu den Weltmeisterschaften Ende November in Lüttich (Belgien). Kunstrad-Bundestrainer Dieter Maute spricht im Interview von seinen Erwartungen.
Herr Maute, im Frühjahr gab es SOS-Rufe: Rücktritte - zum Beispiel der Thürmers -, zahlreiche, teils schwere, Verletzungen. Und jetzt erleben wir einen Goldenen Oktober aus deutscher Sicht. Wurde da gezaubert?
Dieter Maute: Keiner kann zaubern, aber zum einen verfügen wir über eine wirklich breite Spitze – und konnten so Verletzungsausfälle kompensieren. Zum anderen holten Athleten wie Schefold/Hanselmann den Trainingsrückstand relativ schnell wieder auf. Dank ihrer brillanten Technik waren sie in der Lage, schnell wieder auf das Topniveau zurückkommen. Sie sind dabei, weitere Schwierigkeiten einzubauen – und könnten so 2019 in neue Sphären vorstoßen. Auch die Mehrfachbelastung durch Weltcups und Europameisterschaften wurde generell besser gemeistert als gedacht. Ich kann den Athleten da nur ein großes Kompliment machen.
Beachtlich ist die Leistungssteigerung im 1er der Frauen: Iris Schwarzhaupt und Milena Slupina übertrafen die Marke von 190 Punkte, fuhren Weltrekord-Resultate aus. Das hatten Sie aber auch so prognostiziert.
Maute: Weil man sah, wie stark das Feld in dieser Disziplin ist, konnte man ahnen, dass es sich sogar in Richtung 200 Punkte entwickelt. Aber das ist auch notwendig, da die internationale Konkurrenz auch bei 190 Punkten angelangt ist. Mitentscheidend war, den Schweizer Handstand hochzudrücken. Ein Fehler jedoch kostet Abstriche von zehn und mehr Punkten. Doch wir sind in der Lage, auch bei der WM um Gold zu kämpfen.
Bei den Männern ist mehr «Luft» zu den besten Aktiven aus anderen Nationen.
Maute: Wir haben mit Lukas Kohl und Moritz Herbst zwei Leute mit dem Potential, auf das höchste Treppchen zu springen. Natürlich ist Lukas ein kleines Stückchen voraus, aber Moritz [im Frühjahr ebenfalls verletzt, Anm. d. Red] konnte sich peu à peu heranschleichen. Wenn ihm eine tolle Kür gelingt, muss Lukas schon alles raushauen.
Da kann Vorfreude aufkommen. Auf die DM mit oft eigenen Gesetzen. Erst recht auf die Herausforderungen bei der WM. Oder etwa nicht? Zum Saisonverlauf gehörte auch der Kampf ums liebe Geld, das für die BDR-Hallenradsportler mehr als spärlich tröpfelt.
Maute: Die unsägliche Situation in einer nicht-olympischen Disziplin einem olympischen Verband anzugehören, hat unsere Athleten aus der Förderung geworfen. Das sorgte für viele Abstriche, Mitfinanzierung zum Beispiel bei Lehrgängen, Reisekosten (zu den Weltcups in Tschechien, den Niederlanden, Hongkong) komplett selbst zu tragen.
Die Nachricht, dass der deutsche Sport im nächsten Jahr 57,75 Millionen mehr aus Berlin bekommt, hat Sie nicht euphorisiert?
Maute: Es laufen aktuell Gespräche, denn die Forderung nach mehr Unterstützung ist für so eine erfolgreiche Disziplin sehr berechtigt. Im Moment müssen unsere Sportler viele Eigeninitiativen ergreifen, um den Aufwand neben Ausbildung und Beruf stemmen zu können. Das ist in dieser Art und Weise langfristig ohne Sinn.