Berlin (dpa/rad-net) - Die Krise des deutschen Bahnrad-Vierers hält bereits seit über zehn Jahren an. Dass die medaillenlose Zeit bei den Weltmeisterschaften am Mittwoch in Minsk endet, ist eher unrealistisch, dennoch will man den positiven Trend, den es zuletzt bei den Europameisterschaften, wo man einen zweiten Platz einfahren konnte, fortsetzen. Der Weg zurück in die Weltspitze ist aber beschwerlich.
Der Ablaufplan der Bahnrad-WM will es so, dass die Mannschaftsverfolger noch vor der Eröffnungsfeier in der hochmodernen Minsk Arena auf das Holzoval müssen. Und so ist es möglich, dass für den deutschen Vierer bereits im Vorprogramm am Mittwoch die Show vorbei ist, bevor die Titelkämpfe in der weißrussischen Hauptstadt erst richtig losgehen. Denn nur die besten vier Teams werden in den Finalläufen um die Medaillen antreten.
«Wir wollen uns gegenüber der WM 2012 weiter steigern und den positiven Trend des Winters bestätigen», sagt der junge Bundestrainer Sven Meyer. Platz neun war vor Jahresfrist in Melbourne herausgesprungen. Teilweise hatte der Vierer rund zehn Sekunden Rückstand hinter auf die Top-Nationen wie Großbritannien. Die Quittung gab es bei den Olympischen Spielen: Sowohl 2008 und 2012 war ein deutscher Vierer nicht am Start.
Noch bei den Olympischen Spielen in Sydney 2000 hatten Robert Bartko, Guido Fulst, Daniel Becke und Jens Lehmann bei ihrer historischen Goldfahrt als erste Mannschaft überhaupt die Vier-Minuten-Schallmauer durchbrochen. Meyer saß damals als 15-Jähriger begeistert vorm Fernseher. Drei Jahre später sollte es bei der WM in Stuttgart zu einer Neuauflage der Fantastischen Vier kommen, doch nach einem Boykott der Thüringer-Fraktion um Lehmann und Becke im Zuge großer Streitereien war gar keine Mannschaft an den Start gegangen.
Seitdem sind mehrmals die Bundestrainer am Projekt Vierer gescheitert. Erst musste Bernd Dittert gehen, danach versuchten Uwe Freese, Andreas Petermann und Michael Max (interimsmäßig) ihr Glück. Seit 2011 ist nun Meyer im Amt. Ein zweiter Platz bei der EM in Litauen war ein erster Lichtblick. «Eine WM findet immer noch auf einem anderen Niveau statt als eine EM oder ein Weltcup. Eine Medaille in der Mannschaftsverfolgung zu erwarten wäre unrealistisch», relativiert Meyer.
Um den Bahnvierer wieder nach vorne zu treiben, hat der BDR nun auch ein Continental-Team ins Leben gerufen. Das «rad-net ROSE Team» soll vor allem den Bahnbereich neu beleben, aber genauso auch hoffnungsvolle Talente im Straßenbereich fördern.
Lucas Liß, Henning Bommel, Theo Reinhardt und Maximilian Beyer - exakt die EM-Besetzung von Litauen - sollen in Minsk für Deutschland fahren. Allerdings hatten einige Krankheitsfälle (Liß mit einer Angina) die Vorbereitung gestört. Meyer kann sich in Minsk immerhin wieder ganz auf den Männerbereich konzentrieren, nachdem die Vakanz auf dem Posten des Frauen-Bundestrainers durch Andre Korff behoben wurde.
So ruhen die Medaillenhoffnungen im deutschen Team in erster Linie auf den Sprintern, aber auch auf Lucas Liß im Omnium und Theo Reinhardt im Scratch. Insbesondere die Teamsprinter wollen in der Besetzung René Enders, Stefan Bötticher und Maximilian Levy aufs Podest. Ob das auch den Olympiasiegern Kristina Vogel und Miriam Welte gelingt, ist eher fraglich. Beide hatten in den letzten Monaten ihre Abschlussprüfungen bei der Polizei gemeistert und im Vorfeld nicht einmal zusammen trainiert.