Viana (dpa) - Als André Greipel in Hamburg seine letzten Rennmeter 2012 hinter sich gebracht hatte, nahm rund 1500 Kilometer südlich ein anderer deutsche Radprofi richtig Fahrt auf. John Degenkolb feierte mit dem Sieg auf der 2. Etappe der Vuelta den bis dato größten Erfolg seiner Karriere.
Entsprechend euphorisch gab sich der gebürtige Geraer nach dem schweren Sprint in Viana in Nordspanien: «Ich habe einen Etappensieg bei einer der drei großen Landesrundfahrten», sagte der 22-Jährige, «das kann mir keiner mehr nehmen.» Und womöglich steht der Saisonhöhepunkt noch bevor: die Weltmeisterschaft in den Niederlanden in gut einem Monat.
Dort wird ein deutscher Star nämlich fehlen: Greipel verkündete nach seinem zweiten Platz bei den Cyclassics, auf die WM in diesem Jahr zu verzichten. Überraschend war der Schritt nicht. Auf dem hügeligen Kurs bei Valkenburg hatte das Muskelpaket keine Chance auf eine Medaille. «Das ist zu schwer für mich», gab Greipel zu, der in dieser Saison nur noch ein paar kleinere Rennen bestreiten will.
Damit könnte der Weg frei sein für Degenkolb, der sich schon bei zwei großen Rennen in den Dienst Greipels gestellt und eigene Ambitionen hintenangestellt hatte. Bei der WM im Vorjahr in Kopenhagen - als Kapitän Greipel zu Bronze sprintete - bremste den Helfer ein Defekt kurz vor Schluss. Bei Olympia in London blieb Degenkolb aus teamtaktischen Gründen im Hauptfeld bei Greipel und ließ die letztlich erfolgreiche große Fluchtgruppe ziehen.
Der diesjährige WM-Kurs mit dem vom Amstel Gold Race bekannten und gefürchteten Cauberg könnte ihm liegen. Schon nach seinem Erfolg bei der Vuelta erklärte er: «Das, was die hier in Spanien Flachetappe nennen, sind woanders schon halbe Klassiker.» 2000 Höhenmeter habe er bei seinem siegreichen Spurt schon in den Beinen gehabt. Dass der Polizeimeister trotz seiner jungen Jahre Klassikerstrecken fahren kann, hat er in diesem Jahr bereits eindrucksvoll bewiesen, etwa mit dem fünften Rang bei Mailand-San Remo.
Für den Vuelta-Kapitän vom Team Argos-Shimano ist alles, was nun noch kommt, Zugabe. «Jetzt bin ich bereit, zu leiden und die nächsten schweren Etappen zu überleben», verkündete Degenkolb auf seiner Homepage. «Wenn es wieder flach wird und zum Sprint kommt, werde ich mich wieder vorne zeigen. Jetzt genieße ich erst einmal den Sieg.» Viel Zeit dafür blieb ihm am Montag nicht, denn in Spanien stand schon die erste von etlichen giftigen Bergetappen auf dem Programm.
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