San Lorenzo al Mare (dpa) - Alberto Contador will den ersten Schritt zum Double schaffen, André Greipel mindestens eine Etappe gewinnen und sich für höhere Aufgaben empfehlen: Der am Samstag in San Lorenzo al Mare startende 98. Giro d'Italia ist wie immer die Vorstufe zur Tour de France.
Frei von Gedanken an die am 4. Juni beginnende Frankreich-Rundfahrt ist von den Favoriten, zu denen auch der Australier Richie Porte zählt, wohl nur Lokalmatador Fabio Aru. Als Kapitän der umstrittenen Astana-Mannschaft will der nicht einmal 60 Kilogramm leichte Radprofi aus Italien mit Top-Ergebnissen Rechtfertigungen liefern.
Das kasachische Team startet zur ersten großen Rundfahrt nach der überraschenden Lizenz-Bestätigung trotz zahlreicher Doping-Affären. Es steht unter besonderer Beobachtung des sportwissenschaftlichen Instituts der Universität Lausanne, das den Winokurow-Rennstall als «Hochrisiko-Mannschaft» einschätzt.
Der deutsche Meister André Greipel konzentriert sich auf die Flachetappen mit prognostizierten Massensprints. «Es dürfte rund sieben Chancen auf Tagessiege geben. Ich will natürlich wieder einen Etappensieg», sagte der gebürtige Rostocker der Deutschen Presse-Agentur. Er hat sein Programm in dieser Saison geändert und fährt zum ersten Mal seit 2010 wieder den Giro. Greipel will seinen insgesamt dritten Etappenerfolg.
«Von meinen üblichen Anfahrern sind Greg Henderson und Adam Hansen dabei - da können wir schon mal für die Tour üben», sagte Greipel, der auf seinen «Spezi» Marcel Sieberg verzichten muss. Ob der «Gorilla» genannte Fahrer die dreiwöchige Tortur über insgesamt 3481 Kilometer im Hinblick auf den Saisonhöhepunkt in Frankreich bis zum Ende durchsteht, erscheint fraglich.
«Meine Teamleitung und ich werden in der letzten Woche sehen, ob ich ein bisschen auf dem absteigenden Ast bin und dann entscheiden», äußerte sich der bullige Sprinter diplomatisch. Seinem vermeintlich härtesten Tour-Konkurrenten Marcel Kittel, der nach einer hartnäckigen Virusinfektion über zweieinhalb Monate keine Rennen fuhr und zuletzt bei der Tour of Yorkshire aufgab, traut er die Rückkehr zu alter Stärke noch rechtzeitig zu: «Er bekommt das bis zur Tour wieder hin.»
«Ich bin bereit», sagte Contador, der von seinem ebenso ehrgeizigen wie exzentrischen Chef Oleg Tinkow angesteckt, das Double in Angriff nimmt. Der Spanier, der den Giro bereits 2008 gewann und seinen Sieg von 2011 wegen Dopings verlor, fuhr die vergangenen 40 Tage keine Rennen und bereitete sich stattdessen auf Teneriffa in der Höhenluft des Pico del Teide (3781 Meter) vor. Den Doppelsieg Giro/Tour schaffte zuletzt der 2004 an einer Überdosis Kokain verstorbene Marco Pantani vor 17 Jahren.
Die Eckdaten des diesjährigen Giro, der am 31. Mai in Mailand endet, sind wie immer Angst einflößend: Sechs Bergankünfte auf sieben Bergetappen mit dem Colle delle Finestre als höchstem Punkt, ein Einzelzeitfahren von Treviso nach Valdobbiadene über 59,4 Kilometer und ein Team-Zeitfahren zum Auftakt am Samstag über 17,6 Kilometer von San Lorenzo al Mare nach Sanremo, wo John Degenkolb in diesem Frühjahr seinen imposanten Siegeszug einleitete.
Aber der Mailand-Sanremo- und Roubaix-Sieger fehlt beim Giro ebenso wie sein immer noch nicht fitte Teamkollege Kittel. Sie wollen bei der Tour wieder zuschlagen. Im deutschen Giant-Alpecin-Team hoffen stattdessen Nikias Arndt auf einen Etappenerfolg und Simon Geschke auf ein ansprechendes Ergebnis im Gesamtklassement. Ihr Debüt in Italien geben Erik Zabels Sohn Rick (21) und Roger Kluge aus Cottbus.
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