Colorado Springs (dpa) - Ihre Namen stehen für zwei der außergewöhnlichsten Siegesserien der Sportgeschichte. Radprofi Lance Armstrong gewann von 1999 bis 2005 sieben Mal die Tour de France, sein Landsmann Edwin Moses lief zwischen 1977 und 1987 in 122 Rennen über die 400 Meter Hürden allen davon.
Doch nach den detaillierten Enthüllungen von Armstrongs Dopingpraktiken in dieser Woche steht fest, dass nur Moses' Meilenstein für immer einen Ehrenplatz in den Sport-Annalen haben wird.
Der 57-Jährige hat durchaus einen Teil zur Demontage des vermeintlichen Dominators Armstrong beigetragen. Er sitzt seit 2010 im Verwaltungsrat der nationalen Anti-Doping-Agentur USADA, die hartnäckig den Fall des Texaners verfolgt und auf rund 1000 Seiten das «ausgeklügelteste, professionellste und erfolgreichste Dopingprogramm» des Sports entlarvt hat. Seit Ende September ist Moses Vorsitzender des Gremiums, somit an vorderster Linie im Kampf gegen Betrüger und Lügner und kündigt ein harte Linie an. «Es ist egal, wie überdimensional ihr Name ist oder wie viele Menschen sie mögen.»
Moses sieht Dopingmissbrauch als «eines der wichtigsten Probleme, die dem Sport heute gegenüberstehen. Unsere Mission ist es, sicherzustellen, dass alle sauberen Athleten unter gleichen Voraussetzungen konkurrieren», betont der zweimalige Olympiasieger. Klassische Ausreden wie, «jeder hat gedopt» oder man habe unter gleichen Bedingungen gekämpft, bringen den eher ruhigen Amerikaner in Rage. «Was erzählst du deinem Kind, wenn es nach Hause kommt und sagt, dass jeder bei der Aufnahmeprüfung an der Universität geschummelt hat», so Moses. «Sagst du ihm, es soll auch betrügen? Ich nicht. Die Voraussetzungen müssen für alle gleich und sauber sein», stellt er klar.
Der ehemalige Star der Stadionrunde gehörte bereits vor fast dreißig Jahren zu den Pionieren des Dopingkampfes in der Leichtathletik. Schon 1983 sprach er sich erstmals laut gegen unerlaubte Mittel aus, nachdem deren Einnahme zunahm. «Was tun diese Leute ihren Körpern an? Ist Gewinnen das wert? Ich denke nicht», so Moses damals. Einige Jahre später machte er sich zusammen mit anderen Größen der Leichtathletik für stichprobenartige Dopingtests auch außerhalb der Wettkämpfe stark. «Ich wollte für diejenigen kämpfen, die kein Gehör bekamen, die ein Jahr zuvor Zweiter und Dritter wurden und plötzlich nur noch Fünfter oder Sechster und sich somit nicht fürs Team qualifizierten», erinnert sich Moses.
Er verlor am 26. August 1977 beim ISTAF in Berlin das einzige Mal gegen seinen deutschen Dauerrivalen Harald Schmid. Eine Woche später revanchierte er sich in Düsseldorf jedoch und blieb anschließend neun Jahre, neun Monate und neun Tage unbesiegt, ehe sein zehn Jahre jüngerer Landsmann Danny Harris am 4. Juni 1987 bei einem Meeting in Madrid knapp vor ihm ins Ziel lief. «Ich habe den Killerinstinkt. Sobald ich auf der Bahn bin, will ich jeden besiegen», meinte Moses zu seiner aktiven Zeit. Dieses Ego zeichnet ihn auch bei der Doping-Bekämpfung aus.
Balco-Gründer Victor Conte betonte 2007 in einem Interview, dass es schwer sei, «sauber ein Finale eines Leichtathletik-Großereignis zu erreichen.» Zudem empfahl er Eltern junger Athleten, ihre Kinder in eine andere Richtung zu lenken, falls sie nicht wollen, dass diese mit Doping in Kontakt kommen. «Denn ab einem bestimmten Punkt erreichen sie ein Niveau, auf dem ihnen gesagt wird, dass sie keine andere Wahl haben als zu dopen», so Conte. «Das ist grotesk und rückgratlos», entgegnete Moses.
Er verwies auf seine Statistik, das Training von bis zu dreimal täglich («Je härter und schmerzvoller es war, desto schneller wurde ich») und hob hervor, dass er schlichtweg niemals leistungssteigernde Mittel brauchte oder wollte, um fast eine Dekade lang ungeschlagen zu bleiben. «Ich habe 122 Siege nacheinander abgeliefert auf der Basis von Schweiß und verfeinerter Fähigkeiten. Punkt.»